Wir haben mehrere Berichte zum Wank (1780m) in den Bayerischen Voralpen:

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Wir haben mehrere Berichte zur Kramerspitze (1985m) in den Ammergauer Alpen:

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Wir haben mehrere Berichte zur Zugspitze (2962m) im Wetterstein:

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Ein Sonnenaufgang hinter den Bayerischen Voralpen.

Sechs Gipfel und eine einsame Nacht

Schafkopf, Brünstlkreuz, Brünstlkopf,
Großer Zunderkopf, Vorderer Felderkopf & Felderkopf


06./07. August 2015 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die Besteigung von sechs Gipfeln der Kramergruppe in den Ammergauer Alpen. Von Farchant aus führt mich eine Nachtwanderung zunächst hinauf zum Gipfel des Schafkopf, wo ich eine einsame und herrliche Nacht verbringe. Als am nächsten Morgen die Sonne hinter dem Loisachtal hervorbricht, setze ich meine Wanderung gen Westen fort. Dabei überschreite ich nacheinander das Brünstlkreuz, den Brünstlkopf, den Großen Zunderkopf, den Vorderen Felderkopf und den Felderkopf. Nach dem sechsten Gipfel zwingen mich schwindende Wassereserven schließlich zum Abstieg. Dieser führt mich über die Enningalm wieder zurück nach Farchant.

Schwierigkeit: T3GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 5

Ein kleines Abenteuer

Leicht angespannt sitze ich im Bus nach Garmisch-Partenkirchen und starre aus dem Fenster. Es ist 22 Uhr, und die letzten Sonnenstrahlen sind schon lange von der Nacht verschluckt worden. Wie grimmige Riesen ragen nur noch die schwarzen Silhouetten der Alpengipfel in den Nachthimmel. Kein Licht ist auf ihren Flanken, Kämmen und Schultern zu sehen. Nur endlose Dunkelheit. Einzig die hell erleuchteten Ortschaften im Loisachtal formen eine letzte Bastion der Zivilisation in dieser archaischen und urtümlichen Welt. Bei diesem Anblick verwundert es mich nicht, dass unsere Vorfahren die Berge für den Sitz von Geistern, Dämonen und Trollen hielten.

Doch was meine Urahnen von den Bergen fern hielt, das zieht mich heute an: die unberührte Wildnis. Nach den Touren der letzten Wochen habe ich genug von Menschenmassen, Seilbahnen und Berghütten. Ich habe genug von Sportlern, die an mir vorbei joggen, und ich habe genug von Touristen, die mir auf dem Gipfel mit Flipflops entgegen kommen. Stattdessen möchte ich heute Nacht mal wieder etwas ganz anderes erleben: ein Abenteuer. Mit nichts außer einem Rucksack und einer Stirnlampe werde ich gleich losziehen, um die urtümliche Landschaft des Ammergebirges zu erkunden.

Eine laue Sommernacht in Farchant

Es ist bereits stockfinster, als mich der Bus am Bahnhof in Farchant (672m) absetzt. Obwohl es schon kurz nach 22 Uhr ist, herrscht in der kleinen Ortschaft noch ein reges Treiben. Junge Leute flanieren über die Bahnhofsstraße, und aus den angrenzenden Biergärten dröhnt Musik und lautes Gelächter. Bei dem herrlichen Sommerwetter ist das auch kein Wunder. Doch für mich ist das heute nichts.

Die Kirche in Farchant bei Nacht.

Die Nacht hat sich bereits über Farchant gelegt, als ich meine Wanderung beginne.

Voller Tatendrang schwinge ich mir den Rucksack über die Schultern und schlendere im Licht der Straßenlaternen zur hell erleuchteten Kirche St. Andreas am Spielleitenweg. Am anderen Ende der langgezogenen Straße wartet bereits die dunkle Wildnis der Ammergauer Alpen auf mich. Jeder Schritt lässt die Sicherheit der Zivilisation mehr und mehr verblassen. Die Häuser links und rechts des Weges weichen allmählich einer Wiesenlandschaft und auch die Straßenbeleuchtung wird zunehmend spärlicher. Als ich die letzte Laterne schließlich hinter mir gelassen habe, wird es Zeit, die Stirnlampe aus dem Rucksack hervorzukramen.

Im Schein der Stirnlampe

Nun, da ich für die Dunkelheit gewappnet bin, kann der Aufstieg endlich beginnen. Am Ende des Spielleitenwegs, bei einem kleinen Kinderspielplatz, ist mein Ziel für heute Nacht zum Glück schon ausgeschildert: der Schafkopf (1380m). Der Weg zu dem aussichtsreichen Gipfel führt mich zunächst auf einem schmalen Trampelpfad in den dichten Wald hinein. Um in der Dunkelheit nicht auf den zahlreichen Wurzeln und Steinbrocken zu stolpern, will jeder Schritt sorgsam gesetzt werden. Nichtsdestoweniger komme ich auf dem steilen Pfad relativ flott voran. Nach etwa 20 Minuten und zahlreichen Kurven erreiche ich schließlich einen hölzernen Unterstand mit Tischen und Bänken.

Ein Unterstand auf dem Weg zum Schafkopf.

Bei einem hölzernen Unterstand lege ich eine kurze Pause ein.

Erleichtert setze ich mich erst einmal nieder und hole meine Wanderkarte heraus, um den weiteren Weg zu studieren. Schließlich möchte ich nicht ziellos durch die Nacht irren. Als ich meine Karte wieder im Rucksack verstauen will, fällt die Stirnlampe nach einem kurzen Aufflackern plötzlich aus und ich stehe in der totalen Dunkelheit. Links und rechts von mir knackst und knattert es. Der Wald lebt! Doch bevor mich die Panik übermannt, springt die Stirnlampe plötzlich wieder an. Dann kann es ja weitergehen!

Um die Risiken des nächtlichen Aufstiegs möglichst gering zu halten, entschließe ich mich, von nun an soweit wie möglich auf Forststraßen zu bleiben und Trampelpfade zu vermeiden. Zwar wird der Aufstieg dadurch etwas länger, doch zumindest muss ich nicht auf jeden einzelnen Schritt aufpassen. Überraschenderweise komme ich auf der breiten Forststraße, die sich mit einigen langen Geraden und engen Spitzkehren auf dem Hang nach oben windet, sogar ziemlich schnell voran.

Die Schlüsselstelle

Nach etwa 90 Minuten erreiche ich schließlich das sogenannte Wildbad auf 1150 Metern. Hier wird es nun Zeit, die Forststraße zu verlassen. Bei einem unscheinbaren Wegweiser am linken Wegesrand biege ich notgedrungen wieder in den Wald hinein. Hier geht es jetzt wieder spürbar langsamer voran. Einerseits will auf dem schmalen Waldpfad jeder Schritt gut gesetzt sein, andererseits ist der richtige Weg im dunklen Wald nicht immer gut zu erkennen. Teilweise muss ich sogar für einige Minuten herumsuchen, bis ich die nächste rote Wegmarkierung an einem der Bäume entlang des Weges entdecke. Bei Tageslicht wäre dies sicherlich kein Problem, doch in der Dunkelheit ist die Wegsuche ein kleines Abenteuer.

Bildergalerie: Zwischen Schafkopf und Felderkopf

Nach einigen engen Serpentinen im Wald erreiche ich schließlich die Schlüsselstelle des Aufstiegs. Auf einem schmalen Pfad muss eine ausgesetzte Grasflanke gequert werden. Während der Hang rechterhand sanft ansteigt, fällt er linkerhand jäh hinab. Wer hier stolpert, fällt tief! Um dieses Schicksal zu vermeiden, versuche ich meine Schritte im teils kniehohen Grasgewirr möglichst sicher zu setzen. Doch mit etwas Konzentration meistere ich diesen Abschnitt problemlos. Jetzt trennen mich nur noch ein paar einfache Serpentinen von meinem Ziel. Als ich schließlich den Kamm erreiche, treffe ich auf einen letzten Wegweiser. Während es linkerhand weiter zum Brünstlkopf (1814m) und zur Notkarspitze (1889m) geht, wartet rechterhand der Schafkopf (1380m) auf mich. Ich wende mich nach rechts.

Der Schafkopf

Schafkopf
LandDeutschland
GebirgeAmmergauer Alpen
KammKramergruppe
Höhe1380 m
Koordinaten47°32′39″N, 11°05′26″E

Plötzlich lichtet sich der Wald und ich stehe vor einem riesigen Kreuz: Der Gipfel des Schafkopf (1380m) ist erreicht! Zufrieden spaziere ich über das großräumige Plateau und stelle meinen Rucksack neben einer Bank ab. Bevor ich meine Stirnlampe nun ausknipse, schnappe ich mir noch schnell das Gipfelbuch, um mich darin zu verewigen. Dann kann ich endlich die herrliche Nacht genießen.

Während die gesamte Bergwelt unter einem tiefschwarzen Schleier hängt, glitzern im Loisachtal tief unter mir die Lichter von Farchant, Burgrain und Garmisch-Partenkirchen. Direkt dahinter erheben sich die mächtigen Gipfel der Bayerischen Voralpen. Viele alte Bekannte kann ich von hier oben erkennen, wie zum Beispiel den Bischof (2033m), den Hohen Fricken (1940m) und den Wank (1780m). Auch der Heimgarten (1790m), hinter dem gerade der Mond langsam emporsteigt, ist perfekt auszumachen. Was für eine Aussicht!

Der Blick vom Schafkopf auf das nächtliche Garmisch-Partenkirchen.

Die Lichter von Garmisch-Partenkirchen glitzern im Loisachtal.

Für den Rest der Nacht mache ich es mir auf der Bank unter dem Gipfelkreuz gemütlich und beobachte, wie die Sternschnuppen über den wolkenlosen Nachthimmel rauschen.

Ein neuer Tag bricht an

Als das erste Dämmerlicht des herannahenden Morgens hinter den Walchenseebergen hervorbricht, kann es endlich weitergehen. Voller Tatendrang schnappe ich mir meinen Rucksack und setze mich nach einem kleinen Frühstück wieder in Bewegung. Es ist mittlerweile kurz nach fünf Uhr.

Der Gipfel des Schafkopf.

Als die Dämmerung einsetzt, verabschiede ich mich vom Schafkopf.

Das Abenteuer geht weiter

Wieder mit meiner Stirnlampe gerüstet – es ist immer noch ziemlich dunkel – nehme ich mein nächstes Ziel ins Visier: das Brünstlkreuz (1734m). Auf einem schmalen Trampelpfad geht es zunächst wieder in den dichten Wald hinein. Dabei führt mich der Weg zu meiner Überraschung erst einmal eine satte Anzahl an Höhenmetern bergab. »Klasse,« denke ich mir, »das muss ich nachher alles wieder hinaufsteigen...« Doch alles Lamentieren hilft nichts, ich muss weiter.

Verwirrende Nomenklatur

Auf dem Kamm zwischen Schafkopf und Großen Zunderkopf gibt es zwei markante Erhebungen: (1) im Osten einen 1734 Meter hohen Gipfel mit Kreuz und (2) im Westen einen 1814 Meter hohen, unmarkierten Gipfel. Über die Bezeichnung dieser beiden Erhebungen herrscht unter Bergsteigern und Kartographen Uneinigkeit.

So werden für den östl. Gipfel – der mit dem Kreuz – folgende Bezeichnungen verwendet:

  • Örtliche Wegweiser: Brünstlkopf bzw. Brünstelskopf
  • Gipfelbuch: Brünstlkopf bzw. Brünstlköpfle
  • Wanderkarten: Brünstlkreuz bzw. Vorderer Brünstlkopf

Gleichermaßen variert auch die Benennung des westlichen, unmarkierten Gipfels:

  • Örtliche Wegweiser: keine Bezeichnung
  • Gipfelbuch: keine Bezeichnung
  • Wanderkarten: Brünstlkopf bzw. Brünstelskopf

Wir orientieren uns in diesem Bericht an der Nomenklatur der Wanderkarten.

Obwohl der Weg vor mir nun teilweise ziemlich wild ist, komme ich relativ gut voran. Für einige Minuten kämpfe ich mich durch allerlei Matsch und Geäst, bis der Trampelpfad schließlich in eine komfortable Schotterpiste übergeht. Kurz darauf erreiche ich eine geräumige Kreuzung. Während es linkerhand zurück nach Farchant geht, zweigt der rechte Weg zur Roßalm (1327m) ab. Ich folge der Forststraße aber weiterhin geradeaus und steuere direkt auf das Brünstlkreuz (1734m) zu.

Von nun an geht es teilweise wieder äußerst steil im Wald bergauf, und ich komme ordentlich ins Schwitzen. Bei Temperaturen um die 27°C ist das aber auch kein Wunder. Nachdem ich wieder einige Höhenmeter gutgemacht habe, lichtet sich der dichte Forst zum ersten Mal und gibt einen herrlichen Blick auf das Umland preis. Für einige Minuten bleibe ich stehen und beobachte, wie die Sonne langsam hinter den Walchenseebergen hervorbricht und den Himmel in ein kräftiges Orange taucht. Was für ein Anblick! Zufrieden packe ich meine Stirnlampe weg und genieße die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Es ist sechs Uhr.

Ein Sonnenaufgang hinter den Walchenseebergen.

Die Sonne steigt langsam hinter den Walchenseebergen empor.

Nach dieser kleinen Verschnaufpause setze ich meine Wanderung schließlich wieder fort. Vorbei an einigen Latschen führt mich ein schmaler Trampelpfad nun immer weiter nach oben. Dabei passiere ich nicht nur einen markanten Felsturm, sondern lasse auch eine weitere Abzweigung zur Notkarspitze (1889m) rechts liegen. Dann ist es endlich soweit: Ich hab meinen zweiten Gipfel vor Augen! Über einen leichten, erdigen Pfad stapfe ich auf das große Gipfelkreuz des Brünstlkreuz (1734m) zu.

Das Brünstlkreuz

Brünstlkreuz
LandDeutschland
GebirgeAmmergauer Alpen
KammKramergruppe
Höhe1734 m
Koordinaten47°32′18″N, 11°03′11″E

Geschafft! Leicht erschöpft lege ich meinen Rucksack hinter dem hölzernen Kreuz ab und mache erst einmal eine kleine Pause. Nachdem ich mich schnell im Gipfelbuch verewigt habe, lasse ich mich auf der nahegelegenen Parkbank nieder und genieße bei einer kleinen Brotzeit die herrliche Aussicht.

Der Blick gen Süden wird vom mächtigen Kramerkamm mit seinen zahlreichen Gipfel geprägt. So sehe ich hier nicht nur den Königsstand (1453m) und den Katzenkopf (1817m), sondern auch den Mittergern (1834m) und den Kramerspitz (1985m). Direkt dahinter ragen die felsigen Zacken des Wettersteinmassives mitsamt der unverkennbaren Zugspitze (2962m) hervor. Im Osten habe ich nicht nur meine vorherige Wegstation – den Schafkopf (1380m) – im Blick, sondern auch die zahlreichen Gipfel der Bayerischen Voralpen. Unter anderem erkenne ich von hier oben den Wank (1780m), den Hohen Fricken (1940m) sowie die vier Zweitausender des Estergebirges. Der Blick nach Norden wird vom Dreigestirn der Notkarspitze (1889m), des Ziegelspitz (1719m) und des Ochsensitz (1515m) dominiert. Und im Westen, da erkenne ich bereits die nächsten Stationen meiner heutigen Wanderung. Für ein paar Minuten bleibe ich noch sitzen und lasse meine Blicke über das herrliche Bergpanorama schweifen.

Bevor ich mich nun wieder auf den Weg mache, nutze ich die Gelegenheit noch, um mich mit Sonnencreme etwas einzureiben. Immerhin brennt die Sonne mittlerweile schon wieder gnadenlos vom Himmel herab und Schatten ist hier oben Mangelware. Doch dann kann es auch schon wieder weitergehen.

Der Blick vom Brünstlkreuz auf die Bayerischen Voralpen und den Kramer.

Der Blick auf die Bayerischen Voralpen und den Kramer ist fantastisch.

Der Brünstlkopf

Brünstlkopf
LandDeutschland
GebirgeAmmergauer Alpen
KammKramergruppe
Höhe1814 m
Koordinaten47°32′01″N, 11°01′58″E

Mein nächstes Ziel, den Brünstlkopf (1814m), habe ich zum Glück bereits vor Augen. Mit flinken Schritten folge ich dem schmalen Trampelpfad durch einige Latschen hindurch weiter gen Westen. Hinter einer kleinen, namenlosen Erhebung wartet dann der dritte Gipfel bereits auf mich. Nach gerade einmal 25 Minuten ist es geschafft! Zufrieden stelle ich meinen Rucksack auf dem unmarkierten Grasgipfel ab – es gibt hier weder ein Kreuz noch einen Steinmann; lediglich einen Wegweiser – und gönne mir ein paar Schlucke aus der Wasserflasche. Nachdem ich noch schnell ein Gipfelfoto gemacht, zieht es mich auch schon wieder weiter. Immerhin habe ich noch einen langen Weg vor mir.

Der Blick vom Brünstlkopf auf die Notkarspitze.

Vom grasigen Gipfel des Brünstlkopf habe ich die Notkarspitze bestens im Blick.

Der Kamm zum Großen Zunderkopf.

Über den Kamm (rechts) geht es nun weiter nach Westen.

Der Große Zunderkopf

Großer Zunderkopf
LandDeutschland
GebirgeAmmergauer Alpen
KammKramergruppe
Höhe1895 m
Koordinaten47°31′49″N, 11°01′45″E

Meine nächste Wegstation ist der Gipfel des Großen Zunderkopf (1895m), den ich von hier oben bereits bestens erkennen kann. Nachdem ich mich durch ein kleines Gatter gezwängt habe, tauche ich wieder tief in den Latschenwald ein. Über einen schmalen Trampelpfad geht es nun erst einmal steil einige Höhenmeter hinunter zu einem Sattel. Anschließend führt mich ein teils leicht ausgesetzter Weg langsam bergauf. Etwa 40 Minuten brauche ich, bis ich schließlich den kleinen Steinmann auf dem grasigen Gipfelplateau erreiche. Da es hier oben auf meinem vierten Gipfel kaum Schatten gibt – und ich zu allem Überfluß auch noch von unzähligen Käfern, Fliegen und Mücken torpediert werde – verweile ich nicht lange, sondern setze meinen Marsch gen Westen unbeirrt fort.

Der Gipfel des Großen Zunderkopf.

Ein Steinmann markiert den höchsten Punkt des Großen Zunderkopf.

Der Vordere Felderkopf

Vorderer Felderkopf
LandDeutschland
GebirgeAmmergauer Alpen
KammKramergruppe
Höhe1928 m
Koordinaten47°31′49″N, 11°01′45″E

Wie gewohnt habe ich mein nächstes Ziel dabei auch schon wieder direkt im Blickfeld, den Vorderen Felderkopf (1928m). Der Weg bis zum höchsten Gipfel meiner heutigen Tour ist dabei gar nicht einmal so weit. Zunächst steige ich über einen teils brösligen Pfad langsam einige Höhenmeter hinab, bis ich einen grasbewachsenen Sattel erreiche, anschließend geht es über einen grasigen Hang wieder locker bergauf. Nach 15 Minuten ist es dann auch schon geschafft: Der fünfte Gipfel ist erreicht! Zufrieden klatsche ich das hölzerne Gipfelkreuz ab und lege eine ordentliche Pause ein. Die habe ich mir mittlerweile redlich verdient!

Nachdem ich meine verschwitzten Klamotten zum Trocknen abgelegt habe, krame ich meinen Proviant aus dem Rucksack und schmökere ein wenig im Gipfelbuch. Mich selbst kann ich darin allerdings nicht mehr verewigen, denn das dünne Büchlein platzt mittlerweile aus allen Nähten. Schade. (Vielleicht findet sich ja eine gute Seele, die beim nächsten Besuch ein neues Buch hier oben zurücklässt.)

Da mein Shirt noch nicht ganz trocken ist, bleibe ich noch einige Minuten hier oben sitzen und lasse meinen Blick über die herrliche Landschaft schweifen. Unter anderem habe ich nun auch die restlichen Gipfel des Kammes bestens im Blick: den Felderkopf (1818m), den Windstierlkopf (1824m), den Geißsprüngkopf (1934m), das Kienjoch (1953m), den Kieneckspitz (1943m) und das Mittageck (1855m). Direkt dahinter ragen die mächtigen Zweitausender des Ammergebirges hervor. So erkenne ich von hier oben nicht nur die beeindruckende Kreuzspitze (2185m), sondern auch den Kuchelbergkopf (2026m) und den Frieder (2050m). Was für ein Ausblick!

Der Blick vom Vorderen Felderkopf zum Kienjoch.

Von hier oben habe ich einen herrlichen Überblick über den Rest des Kammes.

Als mein Shirt wieder einigermaßen getrocknet ist, breche ich wieder auf. Zwischen einigen Latschen geht es nun auf einem schmalen Pfad weiter gen Westen, bis sich eine riesige Almweide vor mir ausbreitet. Auf der geräumigen Wiesenlandschaft ziehen zahlreiche Kühe und Pferde ihre Bahnen und grasen genüßlich vor sich hin. Etwas weiter unterhalb, jenseits eines waldigen Abschnittes, erkenne ich auch schon die Enningalm (1544m).

Der Felderkopf

Felderkopf
LandDeutschland
GebirgeAmmergauer Alpen
KammKramergruppe
Höhe1818 m
Koordinaten47°31′51″N, 11°01′02″E

Bevor ich allerdings zu der urigen Hütte hinabsteige, möchte ich noch einen letzten Gipfel erklimmen: den Felderkopf (1818m). Doch das ist leichter gesagt als getan. Denn der Felderkopf ist leider nicht markiert. Weder ein Gipfelkreuz noch ein Steinmann geben mir hier einen Anhaltspunkt. Auf Verdacht peile ich schließlich einfach den höchsten Punkt zwischen dem Vorderen Felderkopf (1928m) und dem Windstierlkopf (1824m) auf der anderen Seite der Wiesenlandschaft an. Wenn man hier überhaupt etwas als Gipfel bezeichnen kann, dann wohl diese kleine Erhebung. Umringt von hunderten Kuhfladen mache ich schnell ein Gipfelfoto, dann ziehe ich aber auch schon wieder weiter. Zu einer größeren Pause lädt dieser Gipfel einfach nicht ein.

Der Gipfel des Felderkopf.

Unscheinbar: der Gipfel des Felderkopf.

Wohin des Weges?

Nun habe ich die Qual der Wegeswahl. Zwar könnte ich von hier aus noch weiter zum Windstierlkopf (1824m) gehen und meine Gratwanderung über das Kienjoch (1953m) und einige andere Gipfel bis nach Graswang fortsetzen, aber für heute habe ich genug. Zumal meine Wasservorräte – bis auf eine letzte, eiserne Reserve – mittlerweile schon fast gänzlich aufgebraucht sind. Daher entschließe ich mich, es heute bei sechs Gipfeln zu belassen und den Abstieg anzutreten. (Rückblickend wäre der Weitermarsch über den Kamm aber vielleicht doch die bessere Wahl gewesen.)

Wegewirrwarr auf der Enningalm

Zwar habe ich mein nächstes Ziel, die urige Hütte der Enningalm (1544m), von hier oben bereits im Blick, doch wie ich dorthin gelangen soll, erschließt sich mir nicht ganz. Ich stehe mitten auf der geräumigen Almwiese, die einem schlammigen Minenfeld gleicht, und ein Weg ist einfach nicht zu erkennen! Leicht verunsichert krame ich noch einmal meine Wanderkarte aus dem Rucksack hervor. Doch es hilft alles nichts. Dort wo der Trampelpfad sein sollte, ist rein gar nichts! Erst in der Nachrecherche stelle ich fest, dass der Weg in meiner Karte falsch eingezeichnet ist und eigentlich ein ganzes Stück weiter westlich hinabführt.

Die Enningalm im Ammergebirge.

Der Weg zur Enningalm ist schwer zu erkennen.

Da ich dies aber im Moment noch nicht weiß, steige ich notgedrungen einfach querfeldein über die Almwiese hinab. Um die grasenden Kühe dabei nicht unnötig aufzuscheuchen, versuche ich möglichst viel Abstand zu den massigen Tieren zu halten.

Da ich den richtigen Weg immer noch nicht gefunden habe, biege ich mitten in den Wald hinein. Kurz darauf treffe ich dort auf das verwaiste Gemäuer einer alten Hütte. »Hier müsste es ja eigentlich irgendeinen Weg geben,« denke ich mir. Doch riesige Matschpfützen und mit Schlamm gefüllte Krater können wohl kaum als Weg bezeichnet werden. So gut wie möglich arbeite ich mich hier solange nach Westen, bis es nicht mehr weitergeht. Jetzt habe ich mich total verfranst! Kurzerhand steige ich einen steilen, bewaldeten Hang hinab. Nachdem ich fast eine Dreiviertelstunde lange herumgeirrt bin, kommt endlich die Erlösung: Die Enningalm (1544m) taucht plötzlich vor mir auf! Ich bin zurück in der Zivilisation!

Abstieg

Unter den verdutzten Blicken einiger Gäste kämpfe ich mich mit Händen und Füßen aus dem Dickicht hervor. Wenn die nur wüssten... Kurz spiele ich mit dem Gedanken, bei der bewirteten Hütte einzukehren, doch schließlich entscheide ich mich doch für den sofortigen Abstieg.

Die Enningalm im Ammergebirge.

Die Enningalm ist vor allem bei Mountainbikern sehr beliebt.

Über eine schier endlos erscheinende Forststraße geht es nun in östlicher Richtung bergab. Zahlreiche Radfahrer kommen mir hier entgegen. Wie gerne würde ich jetzt meine Wanderstöcke gegen ihre Mountainbikes eintauschen! In wenigen Minuten wäre ich zurück in Farchant. Stattdessen stehen mir jetzt noch über zwei Stunden Fußmarsch bevor. Zwar könnte ich eine kleine Abkürzung über den Sulzgraben nehmen, doch ich halte mich heute lieber an die Forststraße. Nach einer halben Ewigkeit umrunde ich schließlich den Grubenkopf und erreiche die Ausläufer der Ortschaft Burgrain. Von hier aus folge ich dem Spielleitenweg am Waldrand entlang nach Norden, bis ich nach insgesamt zwei Stunden und 25 Minuten wieder die geschäftigen Straßen von Farchant erreiche. Mit sechs Gipfel im Gepäck stapfe ich hinüber zum Bahnhof und warte darauf, dass mein Bus mich wieder abholt. Ein abenteuerlicher Ausflug geht zu Ende.

StationenDistanzDifferenzZeit
Farchant
→ Schafkopf ✝ +5,9 km728 m ↑ 20 m ↓+2h 20m
→ Brünstlkreuz ✝ +3,3 km451 m ↑ 97 m ↓+1h 40m
→ Brünstlkopf ✝ +0,6 km 91 m ↑ 11 m ↓+0h 25m
→ Großer Zunderkopf ✝ +1,2 km141 m ↑ 60 m ↓+0h 40m
→ Vorderer Felderkopf ✝ +0,5 km 78 m ↑ 45 m ↓+0h 15m
→ Felderkopf ✝ +1,1 km 20 m ↑130 m ↓+0h 40m
→ Enningalm +1,6 km 0 m ↑274 m ↓+1h 00m
→ Farchant +12,1 km 18 m ↑890 m ↓+2h 25m
Gesamt 26,3 km1527 m ↑1527 m ↓9h 25m