Blick vom Kotzen auf den Sylvensteinsee und das Karwendel.

Wenn der Name Programm ist ...

Die Besteigung des Kotzen


28. Mai 2012 • Autor: bra.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die Besteigung des Kotzen im Karwendel. Unsere Wanderung beginnt in der kleinen Ortschaft Fall am Sylvensteinsee. Von dort führt uns der Weg über die Dürrachklamm hinauf zur verfallenen Kotzen-Niederalm und schließlich zum Gipfel. Als plötzlich schlechtes Wetter aufzieht, steigen wir schnell über dieselbe Route hinab ins Tal.

Schwierigkeit: T2GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 26

Die Suche nach dem Einstieg

Der Startpunkt unserer Tour ist das Gasthaus Faller Hof (766m) im kleinen Dörfchen Fall. Das Wetter ist durchwachsen: Sonne, Wolken und Regen wechseln sich ab. Laut Internet sollten es von hier noch zirka drei Stunden bis zum Gipfel des Kotzen (1766m) sein. Doch wie bei uns so üblich halten wir uns nicht an die Zeitangaben – doch dazu später mehr.

Das erste Problem liegt bereits darin, den Einstieg zum Kotzen zu finden. Zuerst folgen wir der geteerten Dürrachstraße nach Süden. Linkerhand befindet sich der Sylvensteinsee, auf der rechten Seite – nach Überqueren einer kleinen Brücke – eine Klamm. Nach 45 Minuten und drei Kilometern, die wir auch unproblematisch mit dem Auto zurücklegen hätten können, erreichen wir einen nach rechts abzweigenden Waldweg, der uns endlich von der Teerstraße wegführt. Beschildert ist hier natürlich nichts.

Auf Abwegen

Immer noch unsicher, ob wir den Einstieg zum Kotzen (1766m) nun endlich geschafft haben, überquert unsere Gruppe die Holzbrücke, die sich über die Dürrach spannt. Dann geht es in Serpentinen einen kleinen gewöhnlichen Bergwanderweg nach oben. Endlich wittern wir Morgenluft. Doch schon treffen wir auf die nächste Abzweigung – natürlich ohne Wegweiser! Wir entscheiden uns, nach rechts abzubiegen. Nach einer Weile leicht abfallender Strecke verwandelt sich der Pfad immer mehr in eine reine Waldschneise – rechts und links Wald und »auf dem Weg« Gras und gefällte Bäume. Es zeigt sich immer mehr, dass unsere Entscheidung suboptimal gefällt wurde. Wir haben den Weg verloren.

Auf Abwegen am Kotzen im Karwendel.

Aufgrund der schlechten Ausschilderung stehen wir plötzlich mitten im Wald.

Der Weg aus der Wildnis

Nachdem sich auch die Reste des Pfades in Luft auflösen, stehen wir mitten im Nirgendwo, irgendwo zwischen der Dürrach und dem Krottenbach. Statt einer offiziellen Route sehen wir nur unüberwindbare Klammschluchten vor uns. Also müssen wir wohl oder übel wieder zurückgehen. Da uns das Bergwanderglück anscheinend nicht hold ist, lässt sich der Wanderweg nicht mehr finden. Uns bleibt nichts Anderes übrig, als querfeldein durch den Wald zu steigen und zu hoffen, nach einiger Zeit wieder auf den Weg zu stoßen. Nach 45 kräftezehrenden Minuten gelingt uns das Kunststück: Wir brechen wie die alten Germanen aus dem Dickicht hervor und erreichen den erlösenden Pfad. Endlich können wir unseren Aufstieg unbeschwert fortsetzen. Fortan geht es auf einem schönem Wanderweg durch den Wald.

Nach einer Weile erhaschen wir dann zum ersten Mal einen Blick hinab auf den Sylvensteinsee. »Fantastisch!« Und die nächste Sehenswürdigkeit folgt sogleich. Vor uns öffnet sich der Wald zu einer grünen Wiese hin. Hier lässt sich aufgrund der blaugelben Blumenpracht der Frühling begutachten. Bei der verlassenen und mittlerweile verfallenen Kotzen-Niederalm (1400m) legen wir eine kleine Pause ein, finden eine verrostete Milchkanne und weiteres diverses Almzubehör.

Blick vom Kotzen auf den Sylvensteinsee und das Karwendel.

Trotz des schlechten Wetters haben wir einen guten Blick auf den Sylvensteinsee.

Das Ziel vor Augen

Kotzen
LandDeutschland
GebirgeKarwendel
KammVorkarwendel
Höhe1766 m
Koordinaten47°31′49″N, 11°31′11″E

Wir setzen unseren Weg fort. Der Pfad führt nun an Latschenbäumen entlang Richtung Gipfel. Diesen können wir mittlerweile auch sehen. Jetzt scheint eigentlich einem erfolgreichen Abschluss der Tour nichts mehr entgegen zu stehen. Doch weit gefehlt.

Zirka zehn Minuten vor dem Gipfelkreuz ist ein Teil des Weges ausgespült und unpassierbar geworden. Aufgrund der mittlerweile angezählten Kondition und des sehr abschüssigen Geländes wollen meine Begleiter nichts riskieren und brechen die Tour ab. Lediglich ich will noch nicht aufgeben und steige über den steilen Berghang Richtung Kamm hinauf. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, das Latschenband unterhalb des Kammes zu durchqueren, gelingt es mir endlich, einen gangbaren Pfad in Richtung Gipfelkreuz zu finden. Dass ich hier richtig liege, erkenne ich an den nun sichtbaren Fußspuren im noch sporadisch vorhandenen Schnee.

Dann ist das Gipfelkreuz erreicht. Nördlich bietet sich mir ein atemberaubender Blick auf den Sylvensteinsee, und ich sehe nun zum ersten Mal auch die Bergkette, die sich auf der südlichen Seite des Kotzen (1766m) erstreckt! Unter anderem kann ich dort das Stierjoch (1909m) und den Schafreuter (2102m) ausfindig machen.

Zur Höhe des Kotzen

Es herrscht Uneinigkeit bezüglich der Höhe des Kotzen: Kompass, Komoot.de sowie die Schautafel im Örtchen Fall geben die Höhe des Berges mit 1766 Meter an. Laut AV, Bayern-Atlas und Wikipedia ist die korrekte Höhe hingegen 1771 Meter.

Der unbeschwerlicher Abstieg

Da das Wetter umzuschlagen scheint und es leicht zu regnen beginnt, erfolgt sofort wieder der vorsichtige Abstieg. Meine Begleiter haben aufgrund der Wetterlage bereits den Rückmarsch angetreten. Bald hole ich sie ein.

Nun geht es wieder zurück – über den Weg durch die Latschen, über die Blumenwiese an der verfallenen Alm vorbei, in den Wald bis zur Brücke, und über die Klamm. Gegen Ende des Abstiegs müssen wir natürlich wieder langwierig die Teerstraße zurücklaufen. Froh über das Geleistete landen wir schließlich wieder am Gasthaus in Fall.

Bildergalerie: Kotzen

Zusammenfassung

Der Berg hält was er verspricht – aufgrund fehlender Wegweiser, schlicht nicht vorhandener Beschilderung, einer langen und unspektakulären Straßenwanderung zum Einstieg, der reellen Möglichkeit sich zu verlaufen, des erst recht spät vorhandenen Panoramablicks, und des ausgespülten Weges kurz unterhalb des Gipfels ist die Besteigung des Kotzen irgendwie schon zum K****n!

StationenDistanzDifferenzZeit
Fall
→ Kotzen-Niederalm +6,0 km709 m ↑75 m ↓+4h 00m
→ Kotzen ✝ +1,3 km391 m ↑25 m ↓+1h 00m
→ Fall +7,3 km100 m ↑1100 m ↓+2h 30m
Gesamt 14,6 km1200 m ↑1200 m ↓7h 30m