Wir haben mehrere Berichte zur Zugspitze (2962m) im Wetterstein:

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Der Blick vom Schönjöchl zum Plansee.

Ein Juwel am Plansee

Die Überschreitung des Schönjöchl


09. Juni 2024 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die Überschreitung des Schönjöchl im Ammergebirge. Unsere Wanderung beginnt bei der Musteralpe am Nordufer des Plansee und führt uns über den Zwerchenbergweg zum Gipfel des Schönjöchl hinauf. Nach einem Exkurs zum Aussichtspunkt geht es über die Südflanke wieder hinab zum Plansee.

Schwierigkeit: T3GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 5

Prolog

Gegen 08:30 Uhr erreichen wir das nördliche Ende des Plansee. Auf dem Campingplatz Sennalpe direkt am Ufer herrscht noch verschlafene Ruhe. Nur ein paar Kühe sind bereits auf der angrenzenden Weide unterwegs und versenken ihre hungrigen Köpfe im feuchten Gras. Kurz vor der Musteralpe (979m) stellen wir unseren Wagen ab und steigen aus. Der Regen der Nacht steht noch in Pfützen auf der Straße und kleine Nebelschwaden treiben über die bewaldeten Hänge der angrenzenden Berge.

Die Musteralpe am Nordende des Plansees.

Unsere Wanderung beginnt bei der Musteralpe am Plansee.

Meine Erwartungen an die heutige Wanderung sind eher niedrig, vor allem wegen der Witterung. Immer wieder sollen heute Morgen kleinere Regenschauer über das Ammergebirge hinwegziehen. Am frühen Nachmittag, gegen 14 Uhr, soll es sogar gewittern. Es sind also nicht die besten Voraussetzungen.

Nichtsdestotrotz schlüpfen mein Kamerad und ich schnell in unsere Stiefel. Unser dritter Mann hingegen will sich nach den strapaziösen letzten Tagen eine kleine Auszeit vom Wandern gönnen. Nachdem wir unsere Rucksäcke aus dem Kofferraum geholt haben, verabschieden wir uns von ihm und ziehen los.

Ein steiler Steig

Eher locker und ohne großes Auf und Ab geht es zunächst auf einem breiten Forstweg nach Norden, bis wir nach ein paar Minuten die Abzweigung zum Zwerchenbergweg erreichen. Ein gelbes Schild am Wegesrand kündigt dort bereits die Geierköpfe (2143m, 2161m, 2060m) an, die wir eigentlich gestern gerne bestiegen hätten. Von unserem heutigen Ziel, dem Schönjöchl (1661m), lesen wir hier noch nichts. Doch ein Blick auf die Karte bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Im Gänsemarsch schlängeln wir uns jetzt durch einen schönen lichten Bergwald nach oben. Während über dem löchrigen Blätterdach weiße Nebelschwaden vorüberziehen, dominieren im Unterholz sattgrüne Wiesen das Bild.

Der Aufstieg zum Schönjöchl im Ammergebirge über den Zwerchenbergweg.

Über den malerischen Zwerchenbergweg geht es steil bergauf.

Wie bereits bei der gestrigen Wanderung zum Weitalpspitz (1870m) hat die feuchte Witterung auch heute wieder ganze Heerscharen von Alpensalamandern aus ihren Verstecken getrieben. Doch zwischen den dunklen Wurzeln und kantigen Steinen entlang des Steiges sind die nicht sehr agilen, schwarzen Schwanzlurche leicht zu übersehen, und so gibt mir mein vorauseilender Begleiter bei jeder Sichtung eine kleine Vorwarnung, damit ich nicht doch aus Versehen das ein oder andere Exemplar mit meinen schweren Bergstiefeln ins Jenseits befördere.

Ein Alpensalamander am Schönjöchl im Ammergebirge.

Alpensalamander pflastern unseren Weg.

Es dauert nicht lange, bis sich der Mischwald zusehends lichtet und der Blick sich öffnet. Zwischen einigen Buchen und Ahornbäumen können wir zum ersten Mal den Plansee (976m) mit seinem türkisblauen Wasser sehen. Direkt dahinter bauen sich die zerklüfteten Hänge des Lichtbrenntjoch (1960m) auf. Auch das wäre einmal ein interessantes Wanderziel!

Rechterhand, parallel zum Steig, zieht sich mittlerweile ein gigantisches Feld aus Gestein und Geröll den Hang hinab. Der Form nach muss es sich dabei um einen alten Murgang handeln. Auch wenn es zwischen all dem Schutt kaum zu erkennen ist, scheint sich dort auch ein kleines Bächlein zu befinden, das von ein paar Kaskaden am darüber liegenden Hang gespeist wird.

Der Aufstieg bleibt weiterhin äußerst steil, und ich spüre schon bald meine Oberschenkel. Nichtsdestotrotz versuche ich meinem Begleiter auf den Fersen zu bleiben, der mit beachtlichem Tempo den Hang hinaufstrebt. Zumindest gewinnen wir so sehr schnell an Höhe. Unser rasanter Höhenflug wird nur kurz unterbrochen, als aus der Mure plötzlich der Klang von fallendem Gestein erklingt. Nach kurzer Suche entdecken wir den Schuldigen am Hang auf der gegenüberliegenden Seite. Es war eine Gams, die den Steinschlag losgetreten hat.

Der Blick vom Zwerchenbergweg auf den Plansee.

Je höher wir kommen, desto besser wird der Blick zurück auf den Plansee.

Der Steig wird nun immer abwechslungsreicher. Wir passieren feuchte Felswände, queren schottrige Hänge, traversieren eine kurze seilversicherte Passage, und tänzeln über einen schmalen Bachlauf. Dann beginnt es, wie prophezeit, tatsächlich leicht zu regnen. Da weder mein Begleiter noch ich große Lust haben, in unsere Regenmontur zu wechseln, marschieren wir einfach weiter. Glücklicherweise ist der Spuk nach fünf Minuten auch schon wieder vorbei und der Nieselregen zieht weiter.

Bildergalerie: Schönjöchl

Durchatmen am Kamm

Nach eineinhalb Stunden steilsten Aufstiegs flacht der Weg endlich ab und wir erreichen den Kamm. Eine Mischung aus lichtem Nadelwald und grünen Bergwiesen begrüßt uns hier oben. Sogar die Sonne scheint sich jetzt für einen Moment gegen die Wolken durchzusetzen und flutet die mit blauem Alpenenzian gespickte Matte mit etwas Licht. So macht das Ganze gleich deutlich mehr Spaß!

Ein leicht abfallender schmatzender Pfad bringt uns jetzt hinab zu einer Abzweigung. Während der Hauptweg weiter zu den Geierköpfen (2143m, 2161m, 2060m) führt, folgen wir einem hölzernen Schild nach rechts in Richtung Schönjöchl (1661m).

Der Sattel zwischen den Geierköpfen und dem Schönjöchl im Ammergebirge.

Ein schöner Bergwald begrüßt uns oben auf dem Kamm.

Entspannt geht es nun erst einmal den Kamm entlang nach Süden. Immer wieder nutzen wir dabei die Gelegenheit, die Blicke etwas schweifen zu lassen. Hinter uns, jenseits dunkelgrüner Nadelwälder, bauen sich die nebelverhangenen Geierköpfe (2143m, 2161m, 2060m) auf. Rechts davon, verbunden über einen kleinen Sattel, streckt sich die Kreuzspitze (2184m) mit ihrer kleinen Schwester, dem Kreuzspitzl (2089m), in den grauen Juni-Himmel. Der Schellschlicht (2052m) und das Brandjoch (1857m) vervollständigen das eindrucksvolle Panorama.

Das Schönjöchl

Schönjöchl
LandÖsterreich
GebirgeAmmergauer Alpen
KammKreuzspitzgruppe
Höhe1661 m
Koordinaten47°29′42″N, 10°51′32″E

Ein letzter, kurzer Aufschwung noch, dann haben wir es geschafft! Um 10:25 Uhr stehen wir auf dem grünen Gipfel des Schönjöchl (1661m). Ein Kreuz oder ein Steinmännchen suchen wir hier oben zwar vergebens, doch auch so ist es ziemlich offensichtlich, dass wir den höchsten Punkt des Kammes erreicht haben. Mit einem breiten Grinsen klatschen wir uns ab und suchen uns einen geeigneten Platz für eine kleine Brotzeitpause. Bei ein paar Felsen, die aus dem Gras hervorragen, werden wir fündig. Zufrieden legen wir die Rucksäcke ab und holen den mitgebrachten Proviant heraus.

Auch wenn wir den Plansee von hier oben nicht sehen können, so bietet sich uns dennoch eine tolle Fernsicht. Vor allem der Blick nach Osten, wo sich das imposante Wettersteinmassiv mit der Zugspitze (2962m) und dem Schneefernerkopf (2875m) aufbaut, ist grandios. Hinter dem Nebelmeer, das den Kessel von Garmisch-Partenkirchen füllt, lassen sich sogar die ersten Karwendel-Kämme erkennen.

Der Blick vom Schönjöchl im Ammergebirge nach Osten auf das Wettersteinmassiv.

Vom Gipfel haben wir einen fantastischen Blick aufs Wettersteinmassiv.

Der Aussichtspunkt

Eine gute Viertelstunde bleiben wir auf dem Gipfel, dann schultern wir wieder die Rucksäcke und wenden uns dem Abstieg zu. Ein schmaler Wiesenpfad führt uns dabei gleich steil die Südflanke hinab. Abgesehen von kleineren Gruppen von Gämsen, die durchs umliegende Gehölz streifen, sind wir wieder einmal allein auf weiter Flur.

Nachdem wir bereits gut an Höhe verloren haben, erreichen wir bei einer grasigen Senke eine unscheinbare Abzweigung. Nicht weit von hier soll es noch einmal einen lohnenden Aussichtspunkt geben, und so verlassen wir den Hauptweg nach rechts. Unser kurzer Exkurs führt uns zunächst eine kleine Hügelkuppe hinauf, dann über einen matschigen Waldweg hinab zu einer Abbruchkante. Dort werden wir in der Tat noch einmal mit einem herrlichen Blick über nahezu den gesamten Plansee belohnt. Begrenzt wird das langgezogene Tal vom eindrucksvollen Thaneller (2341m), dessen dunkle Nordwand noch gut mit Schnee gefüllt zu sein scheint. Einen Moment lang verfolgen wir mit den Augen noch eine Fähre, die direkt unter uns über das türkisblaue Wasser des Sees gleitet, dann kehren wir zurück zum Hauptweg, um unseren Abstieg durch den steilen Bergwald fortzusetzen.

Der Blick vom Aussichtspunkt am Schönjöchl über den Plansee.

Vom Aussichtspunkt am Südhang des Schönjöchl haben wir den Plansee noch einmal im Blick.

Rasanter Abstieg

Jetzt ist noch einmal Konzentration gefragt, denn die matschigen Kehren, feuchten Felsen, und schmierigen Wurzeln, über die es jetzt geht, bieten nur selten sicheren Tritt. Alles in allem kommen wir aber gut voran und, ehe wir uns versehen, blitzt unter uns schon das Blau des Plansee zwischen den Stämmen hervor. Schließlich öffnet sich der Wald komplett und gibt noch einmal einen Blick über das gesamte Tal frei. Von einem maroden Metallgeländer, das den Weg begrenzt, lassen wir unsere Augen ein letztes Mal über die umliegende Berge schweifen, vom altbekannten Hochjoch (1823m) bis zum verlockenden Tauern (1841m).

Der Blick vom Südhang des Schönjöchl über den Plansee.

Mit flottem Tempo geht es dem Plansee entgegen.

Viel trennt uns mittlerweile nicht mehr von der Zivilisation. Der Campingplatz am Nordufer des Sees scheint bereits zum Greifen nah. Und so jagen wir die letzten engen Serpentinen, die sich geradezu in die steile Südflanke fressen, jetzt im Laufschritt hinab. Um kurz vor 12 Uhr brechen wir schließlich aus dem Unterholz hervor. Ein älterer Herr, der gerade mit seiner Frau auf der Schotterpiste am Ufer entlangspaziert, erkundigt sich direkt, woher wir denn kommen. Es ist die erste menschliche Begegnung einer ansonsten vollkommen einsamen Wanderung.

Kurz plaudern wir noch mit dem Mann, dann kommt uns auch schon unser dritter Mann winkend entgegen. Er hat den Vormittag für eine ausgedehnte Kayak-Tour auf dem See genutzt. Wieder vereint schlendern wir am Ufer entlang zurück zum Campingplatz (979m), wo wir uns kurz darauf bei einem der Kioske mit ein paar äußerst dekadenten Eiskaffees und Eisschokoladen belohnen.

Eine Eisschokolade vom Kiosk am Campingplatz Sennalpe.

Am Campingplatz Sennalpe krönen wir die gelungene Wanderung mit einer kalten Erfrischung.

StationenDistanzDifferenzZeit
Plansee (Musteralpe)
→ Schönjöchl ✝ +3,3 km702 m ↑ 20 m ↓+1h 55m
→ Schönjöchl (Aussichtspunkt) +1,0 km 2 m ↑213 m ↓+0h 25m
→ Plansee (Camping Sennalpe) +3,0 km 32 m ↑503 m ↓+1h 10m
Gesamt 7,3 km736 m ↑736 m ↓ 3h 30m