Der Blick von der Chiesa di Sant’Eufemia nach Norden auf den Comer See.

La Dolce Vita

Ein Ausflug zur Chiesa di Sant’Eufemia bei Musso


10. Juli 2021 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt unsere Wanderung zur Chiesa di Sant’Eufemia zwischen Musso und Dongo in der Lombardei. Von Pianello del Lario folgen wir zunächst der Uferpromenade nach Musso und steigen von dort über die Via Genico hinauf zu der malerisch gelegenen Kirche. Bei bestem Wetter genießen wir dort den Blick über den Comer See und die Bergamasker Alpen, ehe wir schließlich wieder nach Musso absteigen.

Schwierigkeit: T1GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 105

Ein Morgen in der Lombardei

Entspannt liegen wir am Strand von Pianello del Lario (197m) und genießen den Blick auf den Comer See. Nachdem wir die letzte Woche zu Fuß durch die Bergamasker Alpen gestreift sind und dabei auch den Grignone (2410m) bestiegen haben, können wir es heute endlich einmal ruhiger angehen lassen und das süße Leben genießen. Während sich meine Kameraden vor der lombardischen Morgenhitze schon bald ins kühle Wasser flüchten, verziehe ich mich mit meinem Sonnenbrand in den Schatten und schmöker ein wenig in Eichendorffs Taugenichts. So verrinnt der Morgen angenehm gelassen.

Als es schließlich Mittag wird, entschließe ich mich mit einem meiner Kameraden aber doch noch dazu, den Tag nicht völlig unproduktiv verstreichen zu lassen. Den müden Beinen zum Trotz wollen wir kurzerhand doch noch einen kleinen Ausflug einschieben, und zwar zur Chiesa di Sant’Eufemia (340m) — der markanten Kirche, die die Klippen im Norden von Musso ziert. Bereits beim gestrigen Spaziergang durch den Ort hatte sie mein Interesse geweckt.

Unterwegs zum Sasso di Musso

In der Hoffnung, ohne größere Anstrengungen ein paar schöne Blicke auf den Comer See zu erhaschen, machen wir uns auf den Weg. Gemütlich schlendern wir die Uferpromenade entlang, vorbei an blühenden Oleander-Büschen, bis der Weg schließlich kurz hinter dem Hafen von Musso (197m) sein Ende findet. Direkt vor uns erhebt sich bereits der Sasso di Musso, der unser heutiges Ziel beherbergt.

Der Sasso di Musso mit der Chiesa di Sant’Eufemia.

Hoch oben auf dem Sasso di Musso thront unser heutiges Ziel: die Chiesa di Sant’Eufemia.

Doch wie genau wir hinauf zu der Kirche kommen, steht noch in den Sternen. Eine Karte haben wir nicht dabei, und so verlassen wir uns zunächst auf unsere Intuition und folgen einer schmalen Treppe hinauf zur Hauptstraße, der Via Musso. Doch deutlich verlässlicher als unsere Intuition ist natürlich die Ortskenntnis einer Einheimischen. Und so zögern wir nicht lange, als wir kurz darauf eine junge Frau auf ein paar Treppenstufen am Wegesrand sitzen sehen. Mit ein paar italienischen Floskeln und demonstrativen Handgesten versucht ihr mein Begleiter klarzumachen, dass wir zur Kirche wollen. Aufmerksam lauscht sie seinem Vortrag, dann nickt die junge Italienerin und deutet mit einem Lächeln die Stufen hinauf. Wir bedanken uns mit einem herzlichen »grazie mille« und ziehen weiter.

Auch wenn die Waden nach den Strapazen der letzten Tage nicht mehr das sind, was sie einmal waren, schleppen wir uns den steilen Hang hinauf und verschwinden schon bald in den schattigen Gassen von Musso. Jetzt zur Mittagszeit ist die Ortschaft wie ausgestorben. Lediglich ein auf Krawall gebürsteter Hund durchbricht die Ruhe, als wir auf der Via Genico vorüberziehen. Doch das Gebell ist schnell verklungen, und mit nichts als dem süßen Zirpen der Zikaden im Ohr können wir nun auch den letzten Aufschwung in Angriff nehmen.

Die Gassen von Musso am Comer See.

Schon bald verschwinden wir in den schattigen Gassen von Musso.

Über einen schmalen, schattigen Waldpfad geht es direkt hinauf zur Kirche. Abgesehen von einem Pärchen, das es sich auf einer der Holzbänke unterhalb der Terrasse gemütlich gemacht hat, sind wir heute Mittag alleine hier oben, und so können wir uns in aller Ruhe umsehen.

Ein Gemäuer voller Romantik

Die Kirche sieht genauso aus, wie ich sie mir vor meinem inneren Auge erträumt hatte. Die Fassade des Glockenturms ist verwittert, der Putz des Kirchenschiffs bröckelt, Moos füllt die Ritzen des Pflasters unter dem Vorbau — ja, der Zahn der Zeit ist an allen Ecken und Enden gegenwärtig. Und doch haben diese Verfallserscheinung auch etwas Romantisches. Welche Geschichten hätte das alte Gemäuer wohl zu erzählen, wenn es sprechen könnte?

Die Chiesa di Sant’Eufemia bei Musso.

Über eine goldgelbe Lichtung erreichen wir das alte Gemäuer.

Wann genau die Kirche erbaut wurde ist nicht überliefert, nur dass sie zu den Burganlagen von Gian Giacomo Medici, dem einstigen Marquis von Musso, gehörte. Als 1532 die Graubündner Truppen im zweiten Müsserkrieg die Burg verwüsteten, wurde auch die Kirche in Mitleidenschaft gezogen. Lange Zeit bröckelte das Gotteshaus vor sich hin, bis man es im Jahr 1662 schließlich wieder in Stand setzte.

Die Legende von Sant’Eufemia

Um die Namensträgerin der Kirche ranken sich mehrere Legenden. In einer dieser Legenden heißt es, dass Eufemia ursprünglich in einem Tal auf der anderen Seite des Sees lebte, nämlich im Val Varrone. Eines Tages wurde sie von ihren Mitmenschen vertrieben und flüchtete mit der Hilfe ihres Glaubens und ihrer Schürze über den Comer See. Sie ließ sich am Sasso di Musso nieder, weil sie von dort ihre alte Heimat sehen konnte. Die Einwohner von Musso und Dongo nahmen die Flüchtige willkommen auf und errichteten nach ihrem Tod die Kirche in ihrem Andenken.

In einer anderen Variante der Legende trennte Eufemia bei ihrer Flucht das Wasser des Sees mit einer Säge. Als sie fast das Ufer von Musso erreicht hatte, fiel ihr die Glocke, die sie mit sich führte, ins Wasser. Es heißt, dass man an stürmischen Tagen noch immer das Geläut ihrer Glocke aus den Tiefen des Sees vernehmen kann.

Bildergalerie: Die Chiesa di Sant’Eufemia bei Musso

Über dem Comer See

Ein Blick ins Innere bleibt uns heute leider verwehrt, und so schlendern wir stattdessen einmal um das alte Gemäuer, das zweifelsohne aus Eichendorffs Feder hätte stammen können. Je nach Standpunkt öffnet sich uns ein neuer Blick auf den Comer See und die kleinen pittoresken Dörfer, die sein Ufer säumen. Mal sehen wir Dongo, Gravedone, Domaso im Norden, mal Musso, Bellera, Calozzo im Süden. Auch Torio, Dorchiedo, Dervio auf der gegenüberliegenden Seeseite blitzen hie und da zwischen den grünen Baumkronen hervor. Mein Begleiter und ich sind uns einig: Der Aufstieg hat sich gelohnt!

Der Blick von der Chiesa di Sant’Eufemia nach Süden auf den Comer See.

Das malerische Panorama lädt zu einer langen Pause ein.

Während wir beobachten, wie winzige Segelschiffe und Motorboote, Windsurfer und Kitesurfer unten über das kristallblaue Wasser des Sees jagen, zieht ein majestätischer Schwarzmilan hoch über den Dächern von Musso laut rufend seine Bahnen. Eine scheue Mauereidechse flüchtet vor uns in die Ritzen der Trockensteinmauer, die die Kirche umgibt, und allerlei Schmetterlinge — Segelfalter und Admirale, Große Waldportiere und Waldbrettspiele — flattern über die Lichtung, die sich vor dem alten Gemäuer erstreckt.

Entspannter Ausklang

Ein Stückchen weiter den Hang hinauf gäbe es noch die restlichen Ruinen der alten Burganlage zu sehen, doch für heute haben wir genug. Für ein paar Minuten flüchten wir uns noch vor der gnadenlosen Mittagssonne unter den schattigen Vorbau der Kirche, dann treten wir langsam wieder den Abstieg nach Musso an. Dort werden wir von unseren Kameraden bereits sehnsüchtig erwartet.

Der Weg zurück von der Chiesa di Sant’Eufemia nach Musso.

Mit dem Comer See stets im Blick kehren wir zurück nach Musso.

StationenDistanzDifferenzZeit
Pianello del Lario
→ Musso +1,3 km 0 m ↑ 0 m ↓+0h 20m
→ Chiesa di Sant’Eufemia +0,9 km144 m ↑ 1 m ↓+0h 20m
→ Musso +1,1 km 1 m ↑144 m ↓+0h 20m
Gesamt 3,3 km145 m ↑145 m ↓ 1h 00m