Der Blick vom Quarry Rock über den Indian Arm.

Die erste Etappe des Baden-Powell Trail

Von Deep Cove zum Lynn Canyon


16. Januar 2015 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die erste Etappe des Baden-Powell Trail (BPT) in den North Shore Mountains bei Vancouver. An einem herrlichen Morgen beginne ich meine Wanderung in der verschlafenen Küstengemeinde Deep Cove (14m). Von dort führt mich ein rauer Weg über den aussichtsreichen Quarry Rock tief durch dichten Douglasien- und Zedernwald, bis ich schließlich nach einigen Stunden mein Tagesziel, den Lynn Canyon, erreiche.

Schwierigkeit: T2GPS-Route: Download

Ein Morgen in Deep Cove

Es ist kurz nach 10:30 Uhr, als mich der Bus in Deep Cove absetzt. Auf den Straßen der verschlafenen Küstengemeinde ist heute nicht viel los, und auch die kleinen Segelboote liegen ruhig im Hafen. Dabei ist das Wetter heute gar nicht mal so schlecht. Zwar hängen über den Gipfeln der North Shore Mountains noch einige Wolken, doch im Vergleich zu den regenreichen Vortagen ist es heute ein geradezu schöner Tag.

Nachdem ich im einsamen Panorama Park ein paar Schnappschüsse von der ruhigen Bucht des Indian Arm gemacht habe, beginne ich meine erste Etappe auf dem Baden-Powell Trail (BPT). Heute will ich von Deep Cove bis zum Lynn Canyon wandern. Dabei muss ich mich 12 Kilometer lang durch die abwechslungsreiche Wildnis der North Shore Mountains schlagen.

Deep Cove bei North Vancouver.

Es ist ein herrlicher Morgen in Deep Cove.

Bereits im Panorama Park ist der Einstieg zum BPT gut ausgeschildert. Zunächst wende ich mich nach Norden und folge dem Panorama Drive bis ich schließlich ein großes Schild am Straßenrand erreiche. Dort ist nicht nur der Quarry Rock Hike, sondern auch der BPT groß ausgeschrieben. Jetzt kann es also endlich losgehen! Ich zupfe meinen Rucksack ein letztes Mal zurecht und setze mich in Bewegung.

Unterwegs zum Quarry Rock

Gleich zum Einstieg führen mich auf der anderen Straßenseite einige Stufen den steilen Hang hinauf. Die Holztritte sind vom Regen der letzten Tage noch etwas rutschig, aber mit vorsichtigen Schritten komme ich die Treppe problemlos hinauf. Ab jetzt geht es durch den dichten Cove Forest. Der Weg ist wild und führt mich in einem stetigen Auf und Ab über große Steine und dichtes Wurzelwerk. Einzelne Nebelschwaden hängen noch zwischen den Bäumen, und über die Felsen am Wegesrand ergießt sich zart der Regen der Vortage. Dort, wo das Wasser wilder von den Hängen herab sprudelt, spannen sich kleine Holzbrücken und Stege. Geradezu abwechslungsreich sind diese ersten Meter auf dem BPT.

Bildergalerie: Baden-Powell Trail (Etappe 1)

Nach einer knappen halben Stunde im dichten Wald erreiche ich meine erste Zwischenstation: den Quarry Rock. Markant ragt der Aussichtsfelsen aus dem grünen Dickicht des Cove Forest und bietet tolle Ausblicke über Deep Cove und den tiefblauen Indian Arm. An schönen Tagen lassen sich am Horizont sogar die Wolkenkratzer im fernen Burnaby von hier oben erkennen. Aufgrund dieser schönen Weitsicht gehört der Quarry Rock zu den beliebtesten Wanderzielen der Region – und auch heute herrscht hier mal wieder reger Betrieb. Zahlreiche andere Wanderer haben sich zu dem glatt geschmirgelten Felsen hochgekämpft und genießen nun das schöne Wetter. Auch ich mache hier eine kurze Pause, krame meine Wasserflasche hervor und lasse meine Blicke über die abwechslungsreiche Landschaft schweifen. Doch dann geht es auch schon wieder weiter – immerhin habe ich noch einen langen Weg vor mir.

Der Blick vom Quarry Rock über den Indian Arm.

Die Aussicht vom Quarry Rock auf den Indian Arm ist nicht übel.

Die Querung der Bergstraßen

Ich folge zunächst dem steinigen Waldweg weiter nach Norden, passiere einen kleinen Schotterparkplatz und erreiche schließlich nach wenigen Minuten den Indian River Drive. Hier biege ich auf dem unscheinbaren Wanderweg unterhalb der schmalen Teerstraße ein und wende mich direkt nach Westen. Jetzt hat das ewige Auf und Ab endlich ein Ende, und ich komme etwas schneller voran. Gleich zu Beginn des Weges überquere ich den sprudelnden Francis Creek über eine metallene Brücke, passiere eine breite Stromtrasse und folge schließlich dem Schotterpfad ein paar hundert Meter nach Westen bis zu dessen Ende. Dort geht es über eine hölzerne Treppe wieder zurück zum Indian River Drive.

Vorsichtig überquere ich die Straße und biege bei einem großen, beigen Wasserturm wieder in den dichten Wald der North Shore Mountains. Der Weg schlängelt sich hier eigentlich relativ einfach zwischen den immergrünen Douglasien und Zedern hindurch. Doch die Regenfälle der letzten Tage habe diesen Abschnitt regelrecht in eine Sumpflandschaft verwandelt und ich muss immer wieder leicht vom Pfad abweichen, um tiefe Matschfelder zu umgehen. Insgesamt komme ich aber trotzdem ziemlich flott voran. Nach etwa 20 Minuten lichtet sich der Wald schließlich wieder und ich erreiche die vielbefahrene Mount Seymour Road.

Die Pfadfindung im Wald

Jenseits eines kleinen Toilettenhäuschens überquere ich die Straße und verschwinde auf der anderen Seite wieder im Dickicht. Relativ ereignislos geht es nun über eine Schotterpiste weiter in westlicher Richtung durch den dichten Nadelwald. Zwischen moosbewachsenen Baumstämmen und zarten Farnen steigt der Pfad nun merklich an, und ich komme etwas ins Schwitzen. Auch wird hier die Navigation etwas herausfordernder. Zahlreiche andere Wanderwege und Mountainbike-Routen mit kreativen Namen, wie zum Beispiel Pingu, Boogie Man oder Mushroom Trail, kreuzen hier meinen Weg. Doch glücklicherweise ist der BPT sehr gut ausgeschrieben und ich kann mich problemlos an den orangen Wegweisern orientieren. Hier kann man sich praktisch kaum verlaufen. Mit flotten Schritten stoße ich nun tiefer und tiefer in den Wald hinein.

Gut präparierte Wege auf dem Baden-Powell Trail.

Zwar führt der BPT durch wilde Landstriche, dennoch ist der Weg stets gut präpariert.

Kurz nachdem eine Mountainbike-Strecke mit dem nicht ganz jugendfreien Namen Severed Dick den BPT kreuzt, kommt es plötzlich doch zu ersten Orientierungsschwierigkeiten. Mitten im Wald erreiche ich erneut eine Weggabelung – und diesmal sagt mir leider kein Wegweiser, wohin ich mich wenden muss. Konzentriert blicke ich in alle Richtungen und suche mit meinen Augen nach den orangen Wegweisern. Vergeblich. Es ist nichts zu sehen. Da ich mich nicht verlaufen will, krame ich notgedrungen die Wanderkarte heraus, die ich am Vortag in der Tourist Information in Vancouver besorgt habe, und suche meine Position. Leider kann ich nur grob raten, wo genau ich mich befinde. Schließlich entscheide ich mich, instinktiv erst einmal nach links abzubiegen und dort nach weiteren Wegweisern zu suchen. Wie sich nach wenigen Minuten herausstellt, war dies die richtige Entscheidung. Ab hier geht es nun schnell einige Höhenmeter nach unten, und ich muss aufpassen, dass ich auf dem steinigen Pfad nicht den Halt verliere.

Zurück in der Zivilisation

Von nun an folge ich dem hell sprudelnden Canyon Creek langsam aber stetig weiter nach unten, bis ich die nächste Kreuzung erreiche. Links geht es zum Applicator, geradeaus zum Slippery Salamander und rechts – über eine Brücke – weiter auf den BPT. Der Wald zeigt sich hier von seiner rauesten Seite. Riesige Baumstämme liegen kreuz und quer am Wegesrand, Farne und Moos wuchern über das Gehölz, und riesige Wasserpfützen verwandeln den Waldboden in eine Sumpflandschaft.

Ein Brettersteg am Baden-Powell Trail.

Nur einer von zahlreichen Bretterstegen, die über den sumpfigen Grund führen.

Wie aus dem Nichts lichtet sich der Wald plötzlich und einige Häuser tauchen vor mir auf. Ich bin ganz unerwartet wieder in der Zivilisation! Erleichtert überquere ich kurzerhand den geteerten Hyannis Drive und folge dem BPT weiter in westlicher Richtung. Entlang der Entwässerung des Canyon Creeks spannen sich hier wieder einige hölzerne Stege und Brücken. Nach wenigen Augenblicken erreiche ich eine T-Kreuzung an der eine Schotterstraße verläuft. Wieder stehe ich vor dem Dilemma, dass ich nicht weiß, wie ich gehen muss. Glücklicherweise kommt just in diesem Augenblick eine nette Dame mit ihrem Hund vorbei und weist mir den Weg. Ich biege links ab und folge der Schotterstraße 100 Meter in südlicher Richtung bis zu einer Informationstafel.

Der knackige Schlussspurt

Nun beginnt der letzte Abschnitt der ersten Etappe. Ich wende mich erneut nach Westen und folge dem Weg bis zum Seymour River. Tief hat sich hier das wilde Bergquellwasser über Jahrtausende durch den Fels gefressen und eine beachtliche Klamm hinterlassen. Doch über die eigentümliche Pipeline Bridge kann ich den wilden Wasserlauf problemlos überqueren. Direkt danach wartet nun das steilste Stück der ganzen Etappe auf mich. Über Treppenstufen und steile Serpentinen geht es nun den Hang hinauf und ich komme wieder ordentlich ins Schwitzen. Glücklicherweise ist dieses Stück nach wenigen Minuten erledigt. Oben angekommen mache ich unter der Stromtrasse eine kurze Brotzeit, um wieder zu Kräften zu kommen. Anschließend setze ich mich wieder in Bewegung.

Nachdem ich die Lillooet Road überquert habe, geht es nun ein letztes Mal in den Wald. Bei einer Weggabelung wende ich mich nach rechts und erreiche nach einem kurzen Abstieg den wasserreichen Lynn Creek. Ab jetzt geht es über einige Bretterstege nach Norden. Wer einen tollen Blick auf den Lynn Canyon haben will, kann hier links zu einem kleinen, einsamen Strand abbiegen. Auch ich mache kurz diesen lohnenswerten Abstecher, wende mich dann aber schon bald wieder dem Hauptweg zu, der nun langsam ansteigt, bis ich die beliebten Twin Falls erreiche. Von hier ist es nicht mehr weit zur bekannten Lynn Canyon Suspension Bridge, welche das Ende der ersten Etappe markiert. Hoch über dem wilden Wasser des Lynn Canyon spannt sich diese schmale Hängebrücke und erlaubt einen fantastischen Blick nach unten.

Die Lynn Canyon Suspension Bridge.

Die Lynn Canyon Suspension Bridge markiert das Ende der ersten Etappe.

Der Ausklang

Insgesamt drei Stunden und 40 Minuten habe ich bis hierher gebraucht. Gar nicht mal so schlecht! Erschöpft spaziere ich über die Hängebrücke und peile das Lynn Canyon Café zu meiner Linken an. Doch wie ich feststellen muss, ist das futuristische Gebäude außerhalb der Saison leider nicht geöffnet. Dann gibt es halt keine heiße Schokolade... Schade! Dennoch zufrieden spaziere ich nun am Parkplatz vorbei bis zur Peters Road (164m), wo ein Bus bereits darauf wartet, mich zurück zum Lonsdale Quay zu bringen. Dort lasse ich am Pier den Tag mit einem herrlichen Sonnenuntergang hinter der Skyline Vancouvers gebührend ausklingen und sammle neue Kräfte für die zweite Etappe des BPT.

Die An- und Abreise mit dem öffentlichen Nahverkehr

Die Anreise zur ersten Etappe des BPT lässt sich von Downtown Vancouver bequem per Bus unternehmen. Um nach Deep Cove zu gelangen, nimmt man zunächst den Seabus zum Lonsdale Quay in North Vancouver. Von dort geht es mit dem Bus #229 zum Busterminal Phibbs Exchange, wo man in den Bus #212 nach Deep Cove umsteigt.

Um vom Lynn Canyon am Ende der ersten Etappe des BPT wieder zurück nach Downtown Vancouver zu kommen, bietet sich erneut eine Busfahrt an. Von der Peters Road kann man zunächst den Bus #229 hinunter zum Lonsdale Quay nehmen und anschließend mit dem Seabus wieder über das Burrard Inlet nach Downtown Vancouver übersetzen.

StationenDistanzDifferenzZeit
Deep Cove
→ Quarry Rock +2,2 km100 m ↑ 40 m ↓+0h 30m
→ Indian River Drive +0,7 km110 m ↑ 0 m ↓+0h 15m
→ Mount Seymour Road +1,3 km110 m ↑ 0 m ↓+0h 20m
→ Pipeline Bridge +5,1 km120 m ↑350 m ↓+1h 25m
→ Lynn Canyon Sus. Bridge+3,0 km160 m ↑100 m ↓+1h 00m
→ Peters Road+0,6 km40 m ↑0 m ↓+0h 10m
Gesamt12,9 km640 m ↑490 m ↓3h 40m