Das Panorama vom Gipfel des Puig de na Franquesa.

Mallorquinische Schlussnote

Puig de sa Rateta, Puig de na Franquesa und Puig de l’Ofre


02. Mai 2019 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die Überschreitung des Puig de sa Rateta, des Puig de na Franquesa und des Puig de l’Ofre im Herzen der Serra de Tramuntana auf Mallorca. Unsere Wanderung beginnt am Parkplatz des Cúber-Stausees und führt uns zunächst über einen alten Schneesammlerweg hinauf zum Puig de sa Rateta. Anschließend folgen wir dem Kammverlauf nach Südwesten, wo uns mit dem Puig de na Franquesa und dem Puig de l’Ofre noch zwei weitere Gipfelerfolge erwarten. Der Abstieg erfolgt über den Coll d’en Poma und führt uns schließlich am Westufer des Cúber-Stausees wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt.

Schwierigkeit: T3GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 230

Der letzte Tag

Es ist der dritte und letzte Tag unserer Mallorca-Reise. Nachdem wir an den Vortagen bereits den Puig de Galatzó (1027m) sowie den Puig de Massanella (1364m) bestiegen haben, kehren wir heute ein letztes Mal zurück in die Serra de Tramuntana, um auf Gipfeljagd zu gehen. Mit dem Puig de sa Rateta (1113m), dem Puig de na Franquesa (1067m) und dem Puig de l’Ofre (1091m) erwarten uns noch einmal drei lohnende Eintausender.

Gemütlicher Auftakt

Kurz nach Sonnenaufgang machen wir uns auf den Weg ins Herz des Tramuntana-Gebirges. Obwohl wir wieder einmal kaum ein Auge zugemacht haben, strotzen wir heute Morgen vor Energie. Um 06:30 Uhr erreichen wir nach einer vergleichsweise kurzen Autofahrt mit dem Parkplatz Cúber (750m) auch schon den Ausgangspunkt unserer heutigen Tour. Zu unserer Freude herrscht hier heute Morgen noch gähnende Leere. Lediglich ein kleiner Balearenbuchfink hopst uns über den warmen Teer entgegen und empfängt uns mit einem hellen Zip-Zip-Zip. Nachdem wir die Rucksäcke mit dem Nötigsten gepackt haben, werfen wir sicherheitshalber noch einmal einen Blick auf den Wegweiser hinter dem Metallgatter. Dann machen wir uns auf den Weg.

Eine breite Teerstraße, gesäumt von schulterhohem Diss und Ästigem Affodil, führt uns zunächst nach Südwesten in Richtung Biniaraix. Linkerhand zieht ein lichter Kiefernhain vorüber, rechterhand breitet sich der Cúber-Stausee vor uns aus. Doch der Blickfänger schlechthin ist natürlich die Rateta (1113m), deren karge Kalksteinflanken direkt vor uns bereits im ersten Licht des Tages erstrahlen.

Morgenstimmung am Cúber-Stausee auf Mallorca.

Hinter einigen Kiefern blitzt unser erstes Ziel, der Puig de sa Rateta, bereits hervor.

Der Torrent d’Almadrà

Bei einem kleinen Trafo-Häuschen an der Staumauer verabschieden wir uns schließlich von der Teerstraße und biegen linkerhand auf einen steinigen Pfad ein, der uns in die Schlucht des Torrent d’Almadrà führt. Im Schatten imposanter Kalkwände steigen wir langsam hinab zum dicht bewaldeten Bachbett (683m). Obwohl der Torrent d’Almadrà mit seinen Wasserfällen ein beliebtes Ziel für Canyoning-Touren ist, finden wir heute Morgen nur ein kleines Rinnsal vor. Bei einem großen, hässlichen Wasserrohr überqueren wir flink den seichten Wasserlauf. Dann folgen wir einer Betonmauer nach Osten, bis vor uns ein Felsdurchbruch erscheint.

Das Tal des Torrent d’Almadrà in der Serra de Tramuntana.

Über steinige Pfade betreten wir das wilde Tal des Torrent d’Almadrà.

Auf den Spuren der Schneesammler

Mallorca im Zeitraffer
(In Kooperation mit APTP)

»Ich glaube, hier müssen wir hoch«, ruft mir mein Begleiter zu und deutet auf den Hang oberhalb der Betonmauer. Dort zeigen sich nicht nur mehrere Steinmänner und blaue Markierungen, sondern auch ein teilweise befestigter Weg. Es ist der alte Cami dels Nevaters — ein ehemaliger Schneesammlerweg, über den einst Eis ins Tal transportiert wurde.

Zügig ziehen wir uns die Betonmauer hinauf und betreten den Serpentinenweg. Dann folgen wir den Wegmarkierungen durch die grün-graue Karstlandschaft, bis wir kurz hinter einem ehemaligen Köhlerplatz den Coll des Bosc (799m) erreichen. Im Schatten einer wuchtigen Steineiche legen wir unsere erste Pause ein und lassen unsere Blicke über die karge Ostflanke der Rateta (1113m) schweifen. Währenddessen ziehen von Westen her die ersten Wolken auf.

Der Weg zum Coll des Bosc in der Serra de Tramuntana.

Ein alter Schneesammlerweg führt uns durch die grau-grüne Landschaft zum Coll des Bosc.

Nachdem wir einen letzten Blick in den Wanderführer geworfen haben, setzen wir unseren Aufstieg auf dem alten Schneesammlerweg fort. Zunächst verschwinden wir noch einmal kurz zwischen ein paar Aleppo-Kiefern, dann beginnt der Anstieg über die verkarstete Ostflanke. Über teils gut befestigte, teils unscheinbare Serpentinen geht es nun schnell bergauf. Der Duft von frischem Rosmarin liegt in der Luft, auf einer Wiesenfläche zu unserer Linken zeigen sich ein paar Bergziegen, und eine frische Brise raschelt durch die einsamen Steineichen.

Die Ostflanke des Puig de sa Rateta in der Serra de Tramuntana.

Karg und abweisend zeigt sich uns die Ostflanke des Puig de sa Rateta.

Unserem Wanderführer zufolge müssten hier irgendwo auch noch die Ruinen eines ehemaligen Schneesammlerhauses stehen, doch wir sehen nichts davon. Das mag aber auch daran liegen, dass wir mittlerweile mehr oder weniger querfeldein über die verwitterte Karstflanke nach oben drängen.

Der Puig de sa Rateta

Puig de sa Rateta
LandSpanien
InselMallorca
GebirgeTramuntana-Gebirge
Höhe1113 m
Koordinaten39°46′26″N, 02°46′59″E

Um kurz vor 08:45 Uhr erreichen wir schließlich den höchsten Punkt des Puig de sa Rateta (1113m). Zufrieden klatschen wir uns ab und schauen uns um. Im Norden reicht der Blick von den höchsten Bergen der Insel, dem Puig Major (1445m) und dem Puig de Massanella (1364m), bis zur Bucht von Alcúdia. Eingekeilt zwischen der zerklüfteten Landschaft der Serra de Tramuntana zeigen sich mit dem Cúber und dem Gorg Blau auch die beiden Stauseen, die der durstigen Baleareninsel als Wasserspeicher dienen. Auf dem Hochplateau im Osten sehen wir einige Schafe und Bergziegen, die auf dem verwitterten Kalkboden nach Nahrung suchen. Silhouettiert werden sie von eindrucksvollen Tafelbergen, wie dem Puig d’Alaró (825m), die die letzten Ausläufer des Gebirges nach Osten hin markieren. Am Horizont können wir auch den Verlauf der Ostküste nachvollziehen. Im Süden reicht der Blick bis zu den geschäftigen Straßen von Palma de Mallorca. Mit dem Puig de na Franquesa (1067m) und dem Puig de l’Ofre (1091m) haben wir zudem auch schon die restlichen Gipfel der heutigen Tour direkt vor unserer Nase.

Der Blick vom Puig de sa Rateta auf den Puig Major, den Puig de Massanella und die beiden Stauseen im Norden.

Im Norden dominieren der Puig Major und der Puig de Massanella das Panorama.

Der Blick vom Puig de sa Rateta auf das mallorquinische Tiefland im Osten.

Im Osten breitet sich hingegen das mallorquinische Tiefland vor uns aus.

»Großartig!«, raunt mein Begleiter und holt seine Kamera-Ausrüstung aus dem Rucksack. Während er noch einen guten Standplatz für eine Zeitrafferaufnahme sucht, schaue ich derweil vergnügt zwei verwilderten Bergziegen zu, die nur ein paar Meter von uns entfernt von Fels zu Fels springen.

Leider kann das Wetter nicht mit der Schönheit der Szenerie mithalten. Eine mächtige Wolkenfront aus Westen hat sich mittlerweile über das Tramuntana-Gebirge geschoben, und ein frischer Wind pfeift über den Kamm hinweg. Dann fängt es auch noch zu nieseln an. Um die Moral zu heben, holt mein Begleiter sein Handy heraus und legt Rammsteins Ohne Dich ein. »Ah«, schüttelt er sich, als die ersten Klänge aus dem Lautsprecher dringen. »Da krieg ich glatt ‘ne Gänsehaut!«

Der Blick vom Puig de sa Rateta nach Süden auf den Puig de na Franquesa und den Puig de l’Ofre.

Mit dem Puig de na Franquesa und dem Puig de l’Ofre haben wir die nächsten Ziele schon im Blick.

Eine knappe Stunde bleiben wir auf der Rateta (1113m) und genießen die Einsamkeit. Doch leider könnte es mit dieser bald vorbei sein, denn am Westufer des Cúber entdecken wir eine regelrechte Menschenkarawane. Wandergruppen über Wandergruppen ziehen mittlerweile das Tal herauf, vermutlich mit dem Puig de l’Ofre (1091m) als Ziel. Aufgeschreckt von diesem Besucherstrom packen wir schnell die Rucksäcke und machen uns wieder auf den Weg.

Der Coll des Gats

Mit unseren nächsten Gipfelzielen bereits fest im Blick steigen wir vorsichtig über griffigen Fels und losen Schutt hinab zum Coll des Gats (995m). Hüfthohes Diss und Ästiger Affodil säumen den weiten Sattel, der sich zwischen der Rateta (1113m) und der Franquesa (1067m) befindet.

Der Coll des Gats in der Serra de Tramuntana.

Der Coll des Gats bildet den Sattel zwischen der Rateta und der Franquesa.

Puig de na Franquesa

Ohne Umschweife beginnen wir den Gegenanstieg zum Puig de na Franquesa (1067m) über einen schmalen, steinigen Pfad. Aus den Kalksteinritzen am Wegesrand sprießen Balearen-Stechwinde hervor, die mit ihren scharfkantigen Stacheln schon für so manch blutiges Schienbein gesorgt haben. Da ich selbst ein gebranntes Kind bin, mache ich einen großen Bogen um die biestigen Büsche.

Kurz hinter einem mächtigen Felsklotz, der rechterhand im Gras liegt, ist dann Handeinsatz gefragt. Eine kleine Felsstufe muss erklettert werden. Nachdem diese überwunden ist, steigen wir die zerfurchte Karstflanke bis zur Gratkante hinauf. Sowohl rechts als auch links sehen wir Felsformationen, die als Gipfel durchgehen könnten, doch von unserer jetzigen Warte ist es schwer zu sagen, welche Erhebung tatsächlich höher ist. Kurzum entscheiden wir uns, einfach beide Auswüchse zu besteigen.

Eine Kraxelstelle auf dem Weg zum Puig de na Franquesa in der Serra de Tramuntana.

Auf dem Weg zum Puig de na Franquesa ist etwas Handeinsatz gefragt.

Puig de na Franquesa
LandSpanien
InselMallorca
GebirgeTramuntana-Gebirge
Höhe1067 m
Koordinaten39°46′08″N, 02°46′37″E

»Pass auf, wo du hintrittst!«, ruft mir mein Begleiter über die Schulter hinweg zu, während er sich langsam dem Nordgipfel nähert. Verdeckt von dichten Matten aus Diss durchziehen tiefe Karren und Furchen hier oben den Kalkstein. Um nicht ins Leere zu treten, müssen wir konzentriert zu Werke gehen. Nach ein paar Minuten ist der Spuk aber zum Glück vorbei. Bei einem kleinen Steinmann, der den höchsten Punkt markiert, legen wir eine kurze Fotopause ein. Dann steigen wir aber auch schon zurück zur Gratkante und wenden uns dem Südgipfel zu, den wir um 10:30 Uhr erreichen.

Der Steinmann auf dem Gipfel des Puig de na Franquesa.

Ein kleiner Steinmann markiert den höchsten Punkt des Puig de na Franquesa.

Der Coll des Cards

Da sich der Himmel nun immer mehr zuzieht, verzichten wir auf eine Gipfelpause. Stattdessen nehmen wir direkt den nächsten Gipfel — den Puig de l’Ofre (1091m) — ins Visier. Mit seinem sattgrünen Mantel sticht die vulkanartige Pyramide geradezu heraus aus der ansonst kargen, vegetationslosen Serra de Tramuntana. Zügig steigen wir die leicht abfallende Südflanke der Franquesa (1067m) hinab, zwängen uns durch eine Lücke in einer alten Trockensteinmauer, und erreichen nach wenigen Minuten bereits den Coll des Cards (963m). Ein Strommasten überblickt den grünen Sattel. Jetzt trennt uns nur noch ein von Kiefern gesäumter Pfad vom letzten Gipfel des Tages.

Der Blick vom Puig de na Franquesa zum Puig de l’Ofre.

Unsere letzte Gipfelstation ist der dicht bewaldete Gipfel des Puig de l’Ofre.

Der Puig de l’Ofre

Puig de l’Ofre
LandSpanien
InselMallorca
GebirgeTramuntana-Gebirge
Höhe1091 m
Koordinaten39°45′48″N, 02°46′01″E

Nach einem kurzen Gespräch mit ein paar deutschen Jugendlichen erreichen wir um 11:10 Uhr schließlich den letzten Gipfel unserer heutigen Tour. Eine Handvoll Wanderer hat es sich hier bereits gemütlich gemacht, aber auch wir finden zum Glück noch ein hübsches Plätzchen auf dem geräumigen Gipfel des Puig de l’Ofre (1091m). Während mein Begleiter wieder einmal seine Kamera für eine Timelapse-Aufnahme vorbereitet, hole ich meinen Eichendorff heraus und lese ein Kapitel des Taugenichts. Schon bald gesellt sich eine Exil-Deutsche zu uns hinzu. Wie sie uns erzählt, kommt sie jeden Tag hier herauf. Wir sind beeindruckt!

Der Blick vom Puig de l’Ofre auf Sóller im Westen.

Während sich uns im Westen ein herrlicher Blick auf die Straßen von Sóller bietet, ...

Der Blick vom Puig de l’Ofre auf die Tafelberge im Osten.

... prägen im Osten die letzten Ausläufer des Tramuntana-Gebirges das Bild.

Der Blick vom Puig de l’Ofre auf den Puig Major, den Cúber-Stausee und den Puig de sa Rateta im Norden.

Im Norden haben wir neben dem Cúber-Stausee auch unsere bisherige Route im Blick.

Der Abstieg über den Coll d’en Poma

Da uns langsam der Magen knurrt, entscheiden wir uns gegen 11:40 Uhr, schließlich den Abstieg anzutreten. Dieser führt uns über einen erstaunlich wilden Steig zunächst hinab zum Coll d’en Poma (887m). Dann bringt uns ein breiter Forstweg entspannt hinab zum Coll de l’Ofre (875m), wo wir auf den Fernwanderweg GR 221 treffen. Wir biegen aber zunächst auf den Cami nou de l’Ofre ein, der uns etwas ruhiger erscheint. Bei einem einsamen Gehöft namens Binimorat fließen beide Wege aber auch schon wieder ineinander.

Bildergalerie: Puig de sa Rateta, Puig de na Franquesa & Puig de l’Ofre

Jetzt ist es nicht mehr weit! Mit flotten Schritten jagen wir über eine breite Piste wieder zurück in Richtung Cúber. Dabei lassen wir nicht nur einige Zecken-Warnschilder hinter uns, sondern auch ein paar putzige Schafe, die zwischen den Aleppo-Kiefern am Wegesrand nach Nahrung suchen. Kurz hinter dem Refugi de Caça erreichen wir endlich das Westufer des Stausees. Ästiger Affodil und Palisaden-Wolfsmilch säumen fortan den Weg.

Ästiger Affodil am Westufer des Cúber-Stausee auf Mallorca.

Am Westufer des Cúber-Stausees macht sich der Frühling bereits bemerkbar.

Abschied von der Serra

In Gedanken versunken folgen wir dem Uferweg und erreichen um 13:06 Uhr wieder den Parkplatz Cúber. Dieser hat sich mittlerweile prächtig gefüllt. Um dem Trubel zu entfliehen, werfen wir schnell unsere Rucksäcke in den Kofferraum, dann verabschieden wir uns von der Serra de Tramuntana — ein Gebirge, das wir mittlerweile in unser Herz geschlossen haben. Nach einem ordentlichen Mittagessen in Inca lassen wir den Rest des Tages gemütlich am Platja des Trenc im Süden der Insel ausklingen. Ein bisschen Sonne, Strand und Meer haben wir uns mittlerweile mehr als verdient!

StationenDistanzDifferenzZeit
Cúber-Stausee
→ Coll des Bosc +2,3 km 99 m ↑ 50 m ↓+0h 50m
→ Puig de sa Rateta ✝ +1,7 km319 m ↑ 5 m ↓+1h 20m
→ Coll des Gats +0,6 km 0 m ↑118 m ↓+0h 10m
→ Puig de na Franquesa ✝ +0,4 km 72 m ↑ 0 m ↓+0h 20m
→ Coll des Cards +0,4 km 0 m ↑104 m ↓+0h 15m
→ Puig de l’Ofre ✝ +0,7 km128 m ↑ 0 m ↓+0h 25m
→ Coll d’en Poma +0,7 km 0 m ↑202 m ↓+0h 15m
→ Coll de l’Ofre +1,0 km 5 m ↑ 19 m ↓+0h 15m
→ Cúber-Stausee +5,0 km 10 m ↑135 m ↓+0h 55m
Gesamt 12,8 km633 m ↑633 m ↓4h 45m