Übersicht
Dieser Bericht beschreibt die Besteigung des Hochjoch, des Mitterjoch und des Kohlbergjoch im Ammergebirge. Unsere Wanderung beginnt an der Talstation der Almkopfbahn bei Bichlbach und führt uns über die steile Südflanke des Südlichen Hauptkamms zunächst hinauf zu einer großen, hoch gelegenen Bergwiese. Von dort aus besteigen wir nicht nur das Mitterjoch und das Hochjoch, sondern bald schon auch das gut versteckte Kohlbergjoch. Anschließend kehren wir über die Aufstiegsroute wieder zurück ins Tal.
Schwierigkeit: T3 • GPS-Route: Download • Wanderkarte: Kompass 5
Es ist der Tag vor Silvester, doch vom Winter ist im Ammergebirge noch nicht viel zu sehen. Lediglich ein paar kümmerliche Kunstschneehänge zwischen Ehrwald und Reutte erinnern uns daran, dass wir uns – zumindest rein kalendarisch – bereits in der Wintersportsaison befinden. El Niño scheint uns dieses Jahr wieder einmal einen außergewöhnlich warmen und sonnigen Dezember zu bescheren. Während viele Skifahrer noch auf bessere Zeiten hoffen, nutzen wir das fast schon sommerliche Wetter für eine kleine Wanderung zum Jahresausklang. Unser Ziel ist diesmal der westlichste Ausläufer des Südlichen Hauptkamms im Ammergebirge, wo uns mit dem Hochjoch (2019m), dem Mitterjoch (1955m) und dem Kohlbergjoch (1881m) gleich drei selten besuchte Gipfel erwarten.
Verwirrende Nomenklatur
Während die meisten Gipfel im Ammergebirge mit einer eindeutigen Bezeichnung aufwarten können, ist dies bei den Gipfeln am Westende des Südlichen Hauptkamms nicht der Fall.
P. 2019: Der östlichste und mit 2019 Metern höchste Gipfel des Kamm-Abschnitts wird in allen Quellen eindeutig als Hochjoch identifiziert. Jedoch sollte es nicht mit dem Hochjoch (1823m) am Nordwestufer des Plansee verwechselt werden.
P. 1955: Der 1955 Meter hohe Grasbuckel westlich des Hochjoch wird hingegen nur in einigen Quellen aufgeführt.
P. 1881: Für den noch weiter westlich gelegenen 1881 Meter hohen Bezugspunkt ist die Lage am unübersichtlichsten.
Einige Quellen verweisen zudem auf einen noch weiter westlich gelegenen Gipfel, ohne allerdings genaue Höhenangaben für diesen zu präsentieren. Er befindet sich schätzungsweise auf circa 1620 Metern.
Wir orientieren uns in diesem Bericht an der Nomenklatur des örtlichen Wegweisers.
Pünktlich um 09 Uhr morgens stellen wir unseren Wagen auf dem Parkplatz der Almkopfbahn (1049m) im österreichischen Bichlbach ab. Vor der Talstation der Seilbahn haben sich bereits einige Skifahrer versammelt, die voller Vorfreude auf die weißen Hänge des Alpkopf (1802m) im Süden blicken. Wir richten hingegen unseren Blick nach Norden, wo die Sonne bereits die ersten Gipfel des Südlichen Hauptkamms in ein sanftes Orange getaucht hat.
Nachdem wir unsere Wanderstiefel und leichten Fleece-Jacken aus dem Kofferraum geholt haben, machen wir uns direkt ans Werk. Von der Talstation wenden wir uns zunächst nach Norden und überqueren neben einem Gleisbett auch den hell rauschenden Grundbach. Bei einer großen Hinweistafel, die wir ein paar Meter weiter am Wegesrand entdecken, halten wir kurz inne. Allerdings stellt sich die dort abgebildete Wanderkarte für unsere Zwecke als nicht sonderlich hilfreich heraus: Unsere heutige Route ist nur fragmentarisch eingezeichnet. Glücklicherweise haben wir uns bereits im Vorfeld über den Wegverlauf ausreichend informiert.
Auf der anderen Seite der Fernpassstraße, die wir dank einer Unterführung problemlos erreichen, ist zu unserer Überraschung zumindest schon das Niederjoch (1621m) ausgeschrieben. Dieser unscheinbare Gipfel steht heute zwar nicht auf unserer Agenda, aber zumindest die Richtung stimmt. Bei der nächsten Weggabelung halten wir uns links und nähern uns über einen schmalen Wiesenpfad dem Waldrand. Dort erwartet uns einer der wohl steilsten Anstiege, an die wir uns erinnern können. Über unzählige schmale Serpentinen geht es jetzt die schnell ansteigende Südflanke hinauf. So schweißtreibend der Aufstieg ist, so schön ist der lichte Bergwald, durch den wir uns langsam nach oben arbeiten.
Der Aufstieg führt uns zunächst durch einen schönen, goldgelben Bergwald.
Relativ ereignislos plätschert der Weg nun vor sich hin, bis wir nach über einer Stunde eine kleine Lichtung erreichen, in deren Mitte sich ein riesiger, abgestorbener Baum dem Himmel entgegenreckt. Im Schatten des Giganten legen wir eine kurze Verschnaufpause ein und bestaunen dabei den imposanten Gipfelaufbau des Thaneller (2341m), der im Südwesten zwischen einigen Bäumen hervorblitzt. Dann setzen wir unseren Aufstieg auch schon wieder fort.
Nach und nach wird der lichte Bergwald von einem dichten Latschenteppich abgelöst. Zielstrebig folgen wir dem breiten Weg, der sich durch das dunkelgrüne Dickicht nach oben frisst, bis wir schließlich eine weitläufige Bergwiese erreichen, auf der eine einsame Fichte mit einem roten Schild steht. Direkt daneben entdecken wir auch einige rot-weiße Pfosten im goldgelben Gras. Es handelt sich hierbei um den Dreh- und Angelpunkt der Tour. Gleich mehrmals werden wir hierher zurückkehren.
Eine einsame Fichte kurz unterhalb des Mitterjoch wird zum Dreh- und Angelpunkt der Tour.
Mitterjoch | |
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Land | Österreich |
Gebirge | Ammergauer Alpen |
Kamm | Südlicher Hauptkamm |
Höhe | 1955 m |
Koordinaten | 47°26′35″N, 10°47′18″E |
Nach einer kurzen Brotzeitpause im Schatten der einsamen Fichte peilen wir mit dem Mitterjoch (1955m) – das fälschlicherweise oft nur Mittjoch genannt wird – auch schon den ersten Gipfel der Tour an. Statt dem offiziellen Wanderweg weiter nach Osten zum sogenannten Schärtle (1902m) zu folgen, arbeiten wir uns weglos den grasigen Hang hinauf und erreichen – über einen letzten, schmalen Latschengürtel – schon bald den Grat. Von hieraus haben wir zum ersten Mal freie Sicht nach Norden, wo uns nicht nur der Heiterwanger See, sondern auch der Plansee zu Füßen liegt. Kurz halten wir inne und genießen die neuen Eindrücke, dann folgen wir aber auch schon dem Kamm weiter nach Osten, wo wir das Mitterjoch schon kurz darauf erreichen.
Hinter dem Heiterwanger See erhebt sich der imposante Tauern.
Die Aussicht von dem sanften Grasbuckel ist grandios! Direkt hinter dem Heiterwanger See im Norden erhebt sich die abweisende Südflanke des Tauern (1841m). Dahinter blitzt in einiger Distanz nicht nur der langgezogene Kamm der Hochplatte (2082m), sondern auch der felsige Doppelgipfel des Säuling (2048m, 2039m) hervor. Etwas weiter westlich lassen sich die Straßenzüge von Reutte erkennen, hinter denen sich die Allgäuer Alpen imposant aufbauen. Im Südwesten dominiert der schneebekrönte Thaneller (2341m) den Blick über die Lechtaler Alpen. Komplettiert wird das Panorama von der Kohlbergspitze (2202m), die sich im Osten drohend über dem Plansee aufbaut. Ihr zu Füßen liegt eine geradezu unscheinbare, latschenüberzogene Bergkuppe, bei der es sich um das Hochjoch (2019m) handelt – unser nächstes Ziel.
Im Vergleich zur Kohlbergspitze sieht das latschenüberzogene Hochjoch geradezu winzig aus.
Hochjoch | |
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Land | Österreich |
Gebirge | Ammergauer Alpen |
Kamm | Südlicher Hauptkamm |
Höhe | 2019 m |
Koordinaten | 47°26′33″N, 10°47′33″E |
Da das Hochjoch (2019m) wirklich nur einen Katzensprung entfernt ist, setzen wir unsere Gratwanderung ungebremst fort. Dabei müssen wir uns nicht nur durch enge Latschengassen zwängen, sondern auch einige tückische Schneefelder überwinden. Da es nordseitig jäh zum Heiterwanger See hinabgeht, achten wir akribisch darauf, dass hier wirklich jeder Schritt sitzt. Nach gerade einmal 15 Minuten haben wir es dann aber auch schon geschafft.
Einige ausgesetzte und vereiste Stellen erschweren den Weg zum Hochjoch.
Zu unserer Enttäuschung stellt sich der Gipfel des Hochjoch (2019m) als nicht sehr geräumig heraus. Der Latschenteppich ist hier oben so dicht, dass nicht einmal fünf Leute gleichzeitig Platz finden. Dementsprechend belassen wir es bei einem schnellen Gipfelfoto vor der eindrucksvollen Kohlbergspitze (2202m), und treten im Anschluss auch schon wieder den Weg zurück zum Mitterjoch (1955m) an, das sich deutlich besser für eine Gipfelpause eignet.
Vom Gipfel des Hochjoch haben wir einen hervorragenden Blick auf die Kohlbergspitze.
Fast eine Dreiviertelstunde bleiben wir dort im goldgelben Gras sitzen und genießen neben der herrlichen Aussicht auch das sommerliche Dezemberwetter. Obwohl wir uns fast auf 2000 Metern Höhe befinden, sitzen manche von uns mittlerweile nur noch mit einem T-Shirt und einer kurzen Hose da. In geselliger Runde machen wir uns über den mitgebrachten Proviant her und lachen dabei über alte Anekdoten.
Mit zwei Gipfeln im Gepäck legen wir auf dem Mitterjoch eine wohlverdiente Brotzeitpause ein.
Kohlbergjoch | |
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Land | Österreich |
Gebirge | Ammergauer Alpen |
Kamm | Südlicher Hauptkamm |
Höhe | 1881 m |
Koordinaten | 47°26′37″N, 10°46′54″E |
Auch wenn es schwerfällt, müssen wir unser alpines Picknick irgendwann dann doch beenden. Immerhin erwartet uns mit dem Kohlbergjoch (1881m) noch ein weiterer Gipfel. Um diesen zu erreichen, müssen wir zunächst wieder zu der alleinstehenden Fichte zurückkehren. Von dort wenden wir uns diesmal nach Westen und folgen ein paar schwachen Spuren durch die goldgelbe Wiesenlandschaft. Über ein breites Latschenband erreichen wir kurz darauf auch schon wieder den Kamm. Das Kohlbergjoch liegt allerdings noch ein gutes Stück weiter westlich, gut behütet von einem regelrechten Latschenlabyrinth.
Um zum Kohlbergjoch zu gelangen, steigen wir erst einmal wieder ein kleines Stück ab.
Nach mehreren Sackgassen entdecken wir schließlich bei einer unserer Erkundungstouren eine blau-weiße TSV 1860 Tüte an einem Zweig. »Jetzt müssten wir gleich da sein«, rufe ich meinen Kameraden euphorisch zu, als ich den skurrilen Wegweiser entdecke. Und tatsächlich: Von der Gratkante aus lässt sich das Kohlbergjoch (1881m) bereits erkennen. Um zu ihm zu gelangen, müssen wir allerdings noch einmal konzentriert zu Werke gehen. Denn der Weg zum Gipfel führt nicht nur nah am Abgrund entlang, sondern ist zu allem Überfluss auch noch vereist. Doch mit etwas Geschick meistern wir auch diese tückische Passage und erreichen freudestrahlend das kleine Steinmännchen, das den höchsten Punkt markiert.
Auch der Gipfel des Kohlbergjoch geizt nicht mit herrlichen Ausblicken.
Noch einmal lassen wir unsere Augen über das spektakuläre Panorama schweifen, dann treten wir langsam den Rückweg an. Dieser führt uns ein drittes und letztes Mal an der einsamen Fichte vorbei. Kurz darauf biegen wir wieder in den steilen Bergwald ein und kehren über die engen Serpentinen zurück ins Tal. Um kurz nach 15 Uhr erreichen wir schließlich wieder die Talstation der Almkopfbahn. Während dort immer noch dick eingepackte Skifahrer über die Kunstschneepisten herabsausen, trotten wir mit T-Shirt und kurzer Hose zurück zu unserem Wagen. Es ist ein passender Schlusspunkt für diesen sommerlichen Wintertag.
Kontraste: An der Talstation der Almkopfbahn treffen heute Sommer und Winter aufeinander.
Stationen | Distanz | Differenz | Zeit | |
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Talstation Almkopfbahn | ||||
→ Mitterjoch ✝ | +3,0 km | 906 m ↑ | 0 m ↓ | +2h 40m |
→ Hochjoch ✝ | +0,3 km | 79 m ↑ | 15 m ↓ | +0h 15m |
→ Mitterjoch ✝ | +0,3 km | 15 m ↑ | 79 m ↓ | +0h 15m |
→ Kohlbergjoch ✝ | +0,6 km | 18 m ↑ | 92 m ↓ | +0h 30m |
→ Talstation Almkopfbahn | +3,3 km | 16 m ↑ | 848 m ↓ | +1h 25m |
Gesamt | 7,5 km | 1034 m ↑ | 1034 m ↓ | 5h 05m |