Der Blick vom Diez Vistas Trail auf das Umland von Vancouver.

Berge, Fjorde, Seen

Ein Ausflug zum Diez Vistas Trail


17. Juni 2021 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt unsere Wanderung zum ersten Aussichtspunkt auf dem Diez Vistas Trail in den kanadischen Coquitlam Ranges. Unsere Tour beginnt am Parkplatz der Buntzen Lake Recreation Area im Norden von Anmore und führt uns über den Buntzen Lake Trail zunächst zur Südzunge des gleichnamigen Sees. Anschließend erklimmen wir über den Diez Vistas Trail den kleinen Bergkamm, der sich zwischen dem Buntzen Lake und dem Indian Arm erhebt. Nach einer ausgiebigen Brotzeitpause am Vista #1 kehren wir über dieselbe Route wieder zurück zum Parkplatz.

Schwierigkeit: T2GPS-Route: Download

Früher Start ins Neuland

Um 06:43 Uhr sammelt mich meine Bekannte mit dem Auto in Vancouver auf. Nach langer Zeit haben wir es wieder einmal geschafft, uns für eine kleine Wanderung zu verabreden. Gemeinsam soll es heute in die Coquitlam Ranges gehen — genauer gesagt auf den kleinen Bergkamm, der sich zwischen dem Indian Arm und dem Buntzen Lake erhebt.

Während meine Begleiterin froh ist, dass uns heute eine vergleichsweise kurze Wanderung bevorsteht, freue ich mich vor allem darauf, endlich mal wieder ein neues Eck der Küstenberge kennenzulernen. In den Coquitlam Ranges war ich bisher noch nicht, und wenn wir meinem Wanderführer glauben dürfen, soll es auf unserer heutigen Route — dem Diez Vistas Trail — gleich mehrere schöne Aussichtspunkte zu entdecken geben.

Die Sonne steht bereits hoch am Firmament, als wir gegen 07:30 Uhr die noch verschlafenen Straßen von Anmore erreichen. Im Norden der kleinen Gemeinde befindet sich mit dem Buntzen Lake nicht nur der Startpunkt unserer Tour, sondern auch eines der beliebtesten Ausflugsziele der gesamten Metropolregion. Es kommt nicht selten vor, dass der Parkplatz bereits in den frühen Morgenstunden wegen Überfüllung geschlossen werden muss.

Doch dank unserem frühen Start bekommen wir von dem alltäglichen Trubel zunächst nichts mit. Tatsächlich sind wir etwas zu früh. »Der Park öffnet erst in einer halben Stunde«, erklärt uns ein Mitarbeiter der Parkverwaltung durchs heruntergekurbelte Fenster, als wir die Pforten zur Zufahrtsstraße erreichen. Bei einem Gemischtwarenladen eine Ecke weiter überbrücken wir die Wartezeit.

Der Buntzen Lake Trail

Pünktlich um 08:00 Uhr ist es dann so weit. Die Tore zur Buntzen Lake Park Road öffnen sich und wir können endlich den großen Wanderparkplatz (150m) am Südufer des Sees ansteuern. Das Auto ist schnell geparkt, der Rucksack flott geschultert, und ehe wir uns versehen, sind wir auch schon abmarschbereit.

Nach einer kurzen Phase der Orientierung steuern wir die Südwestecke des Parkplatzes an, wo der Buntzen Lake Trail uns sogleich ins Grüne führt. Die Salmonberry- und Huckleberry-Sträucher entlang das Pfades sind um diese Jahreszeit reich beladen, und so genehmige ich mir gleich eine kleine Wegzehrung. Meine Versuche, meiner Begleitung eine Salmonberry aufzuschwatzen, scheitern hingegen kläglich.

Wenige Augenblicke später stehen wir auch schon an der Südzunge des Buntzen Lake (123m). Von einer schmalen Landbrücke, die den See überspannt, werfen wir einen ersten Blick über das ruhige Gewässer. Lediglich ein paar kleine Wellen kräuseln sich auf der Wasseroberfläche, in der sich sonst die bewaldeten Hänge der umliegenden Berge und das wolkenlose Firmament perfekt spiegeln. Nachdem meine Begleiterin den See auf seine Stand-Up-Paddle-Tauglichkeit hin inspiziert hat, ziehen wir weiter.

Der Blick über die Südzunge des Buntzen Lake in den Coquitlam Ranges bei Vancouver.

Es ist ein herrlicher Morgen hier am Buntzen Lake.

Der Diez Vistas Trail

Auf der anderen Seite des Sees, jenseits der Pumphouse Road, beginnt schließlich der Diez Vistas Trail. Ein kleines Schild am Wegesrand erinnert uns noch einmal daran, dass wir nun das Reich der Bären betreten. Meine Begleiterin vergewissert sich daher noch einmal, dass ich auch mein Bärenspray mitgenommen habe. »Natürlich nicht. Ich hab ja dich dabei!«, erkläre ich ihr. Wie erwartet quittiert sie dies nur mit einem resignierten Schnaufer und biegt auf den Wanderweg ein. Ich folge ihr hinterher.

Relativ unspektakulär, aber dennoch schweißtreibend, geht es nun durch den ruhigen Regenwald nach oben. Entlang des Weges gibt es nicht sonderlich viel zu entdecken, und so füllen wir den Aufstieg mit Gesprächen über dies und jenes. Lediglich ein kleiner putziger Dunenspecht, der zwischenzeitlich einmal kurz durchs Gehölz huscht, unterbricht unsere angeregte Unterhaltung.

Ein Dunenspecht am Diez Vistas Trail.

Fleißig bearbeitet dieser kleine Dunenspecht einen Baum am Wegesrand.

Wir sind bereits eine gute Weile unterwegs, als die idyllische Stille des Waldes unerwarteterweise von einem dumpfen, mechanischen Brummen durchbrochen wird. Je höher wir steigen, desto lauter wird der Lärm. »Was das wohl ist?«, wundern wir uns. Als sich kurz darauf der Wald lichtet und wir vor einer breiten Stromtrasse stehen, wissen wir Bescheid. Der Lärm kommt von einer Crew von Bauarbeitern, die gerade dabei ist, ein paar neue Leitung zu verlegen. Kurz zögern wir weiterzugehen, da wir den Arbeitern nicht in die Quere kommen wollen, doch ein junger Mann winkt uns schließlich herüber und weist uns den weiteren Weg. Mit einem dankenden Nicken verschwinden wir jenseits der Schneise wieder im Wald.

Hier wird der Weg nun rauer, schmaler, anspruchsvoller. Immer der Westflanke folgend müssen wir schon bald eine Reihe steiler Kehren emporsteigen — eine schlauchende Angelegenheit an diesem sommerlichen Morgen. Erst bei den Klippen, die unmittelbar auf eine kurze seilversicherte Stelle folgen, können wir wieder etwas durchatmen.

Hier öffnet sich, zwischen einigen Bäumen, auch zum ersten Mal der Blick nach Westen. Eingerahmt zwischen der Belcarra-Halbinsel und den Hängen von Dollarton blitzt das ruhige Wasser des Indian Arm hervor. Der malerische Fjord erstreckt sich fast 20 Kilometer ins Landesinnere.

Ein erster Blick vom Diez Vistas Trail über den Indian Arm bei Vancouver.

Zwischen einigen Nadelzweigen öffnet sich zum ersten Mal der Blick auf den Indian Arm.

Kameradebakel statt Seeblick

Nachdem wir wieder etwas Luft geschnappt haben, machen wir uns wieder auf den Weg. Über einen steilen, leicht ausgesetzten Steig verlassen wir jetzt die Westflanke und wenden uns dem Grat zu. Nun dauert es nicht mehr lange, bis wir mit der Punta del Este (550m) den ersten ostseitigen Aussichtspunkt erreichen. Von hier sollten wir eigentlich einen schönen Blick auf den Buntzen Lake haben. Doch als wir den Lookout erreichen, macht sich Ernüchterung breit. Von einem Seeblick kann keine Rede sein. Bestenfalls bruchstückhaft blitzt das blaue Wasser zwischen dem dichten Spalier der Nadelbäume hervor.

Die Punta del Este am Diez Vistas Trail in den Coquitlam Ranges bei Vancouver.

Von der Punta del Este ist der Buntzen Lake bestenfalls bruchstückhaft zu erkennen.

Gerade als ich dieses doch eher enttäuschende Panorama fotografisch festhalten will, stürzt sich mein Objektiv aus der halboffenen Kameratasche. Hilflos muss ich zusehen, wie es langsam aber sicher über den glatten Granit der Abbruchkante entgegenrollt und kurz darauf dahinter verschwindet. Ein paar Mal höre ich noch, wie die Linse auf ihrem Weg nach unten aufschlägt, dann herrscht betretene Stille. Ich tröste mich damit, dass es diesmal nur das Objektiv war. Im Jahr 2018 hatte ich am Hochstaufen (1771m) bei einer ähnlichen Aktion meine gesamte Kamera verloren.

Um 67 Gramm erleichtert, kehre ich der Punta del Este den Rücken und verschwinde mit meiner spöttelnden Begleiterin wieder im Wald. Zu unserem Erstaunen geht es jetzt erst einmal ein Stückchen bergab, und so werfen wir sicherheitshalber noch einmal einen Blick in die Karte. Doch wir sind noch auf dem richtigen Weg. Nachdem wir ein paar trübe Tümpel hinter uns gelassen haben, steigt der Pfad dann auch schon wieder an.

Der letzte Aufschwung vor dem Vista #1 am Diez Vistas Trail in den Coquitlam Ranges bei Vancouver.

Der letzte Aufschwung vor dem Vista #1 führt noch einmal über allerlei Wurzelwerk.

Der erste Aussichtspunkt

Um kurz nach 10:30 Uhr erreichen wir schließlich das Ziel unserer heutigen Wanderung: den Vista #1 (547m). Dank unserem frühen Start haben wir den schön gelegenen Aussichtspunkt zunächst für uns allein. In trauter Zweisamkeit machen wir es uns auf dem weitläufigen Granitkopf gemütlich und lassen die Augen über die Wahrzeichen der Gegend schweifen. Die Bucht von Deep Cove und der Burnaby Mountain, die Second Narrows Bridge und die Skyline Vancouvers, der Stanley Park und das Universitätsgelände — sie alle liegen uns hier zu Füßen. Fern am Horizont zeichnen sich sogar die verschneiten Gipfel von Vancouver Island ab. Der schweißtreibende Aufstieg hat sich gelohnt!

Während ich ein paar Heidel- und Erdbeeren aus meinem Rucksack krame, kommen schließlich die nächsten Wandergruppen herauf. Meine Begleiterin wird von einem Franzosen schon bald in ein lebhaftes Gespräch über Stand-Up-Paddleboards verwickelt. Da ich zu diesem Thema nicht sonderlich viel beizusteuern habe, beschäftige ich mich derweil mit den Gipfeln der Fannin Range, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Indian Arms eindrucksvoll erheben. Irgendwann muss ich dort auch einmal auf eine Erkundungstour gehen!

Der Blick vom Vista #1 am Diez Vistas Trail über den Indian Arm und Greater Vancouver.

Der erste Aussichtspunkt (Vista #1) bietet einen herrlichen Blick über Greater Vancouver.

Abschied und Abstieg

Auch wenn es schwerfällt, müssen wir uns von dem herrlichen Panorama irgendwann verabschieden. Unter den neugierigen Blicken eines Anna-Kolibris schultern wir wieder die Rucksäcke und verschwinden abermals im Wald.

Theoretisch könnten wir jetzt noch weiter nach Norden gehen und den gesamten Kamm überschreiten, doch dafür haben wir heute leider nicht genug Zeit mitgebracht. Der Alltag ruft. Wir richten daher den Blick wieder nach Süden und folgen unseren Fußstapfen zurück zum Parkplatz.

Speziell der Abschnitt vom Punta del Este hinab zu den ersten Klippen erfordert noch einmal volle Konzentration, dann haben wir aber das Schlimmste hinter uns. Während uns von unten mittlerweile immer mehr Wandergruppen schweißgebadet und außer Atem entgegenkommen, können wir gemütlich dem Tal entgegenschlendern.

Ehe wir uns versehen, stehen wir auch schon wieder am Südufer des Buntzen Lake. Von der altbekannten Landbrücke werfen wir noch einmal einen letzten Blick über das ruhige Gewässer, dann verschwinden wir auch schon wieder in der grünen Gasse des Buntzen Lake Trail.

Der Blick über die Südzunge des Buntzen Lake in den Coquitlam Ranges bei Vancouver.

Am frühen Nachmittag erreichen wir wieder die Südzunge des Buntzen Lake.

Als wir kurz darauf wieder unser Auto erreichen, platzt der Parkplatz bereits aus allen Nähten. Doch das kann uns jetzt egal sein. Mental sind wir schon auf der Heimreise. Voller Vorfreude auf etwas Eiscreme und eine kühle Dusche schleudern wir die Rucksäcke in den Kofferraum und sausen über die schattige Buntzen Lake Park Road wieder der Zivilisation entgegen.

StationenDistanzDifferenzZeit
Buntzen Lake Parking Lot
→ Buntzen Lake +0,8 km 0 m ↑ 27 m ↓+0h 10m
→ Punta del Este +2,2 km427 m ↑ 0 m ↓+1h 50m
→ Vista #1 +0,9 km 45 m ↑ 48 m ↓+0h 30m
→ Punta del Este +0,9 km 48 m ↑ 45 m ↓+0h 20m
→ Buntzen Lake +2,2 km 0 m ↑427 m ↓+1h 20m
→ Buntzen Lake Parking Lot +0,8 km 27 m ↑ 0 m ↓+0h 10m
Gesamt 7,8 km547 m ↑547 m ↓ 4h 20m