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Auf dem Dach der Ukraine

Die Besteigung des Howerla


29. Juli 2017 • Autor: bra.


Übersicht

Dieser Bericht behandelt die Besteigung des Howerla in den Karpaten. Unsere Tour zum höchsten Berg der Ukraine beginnt im beschaulichen Bergsport-Resort Zarosliak bei Worochta. Nachdem wir zunächst dem Pruth ein Stück flussaufwärts folgen, geht es über den Ostgrat hinauf zum gut besuchten Gipfel. Der Abstieg führt uns über den Nordostgrat schließlich wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt.

Schwierigkeit: T2GPS-Route: Download

Unterwegs in die Karpaten

Die Besteigung des Howerla (2061m) – dem höchsten Gipfel der Ukraine – ist ein besonderes und farbenfrohes Erlebnis. Die schöne Natur der Karpaten sowie die offene und herzliche Art der Einwohner lassen einen Abstecher in diesen unberührten Teil der Westukraine zu einem wahren Genuss werden.

Da ich beruflich momentan in der ukrainischen Hauptstadt tätig bin, erfolgt die Anreise mit meinen zwei Kolleginnen von Kiew aus mit dem Nachtzug nach Iwano-Frankiwsk, dessen Qualität und Preis-Leistungsverhältnis deutlich die Nachtzüge der Deutschen Bahn übertrifft. Von Deutschland aus existieren mittlerweile ebenso Direktflüge von Wizzair – der EU-Visafreiheit für die Ukrainer sei Dank!

Nachdem wir uns in Iwano-Frankiwsk in einem berühmten, lokalen Café gestärkt haben, geht es mit dem Bus weiter nach Worochta, wo wir unsere Unterkunft in einem privaten Bauernhaus gebucht haben. Die gemütliche Herberge ist vom Preis-Leistungsverhältnis ebenfalls unschlagbar: Umgerechnet acht Euro zahlen wir für eine Nacht inklusive Frühstück und Abendessen.

Abenteuerliche Anfahrt

Bevor wir dies alles jedoch genießen können, müssen wir erst noch das Tagesziel erreichen: die Besteigung des Howerla (2061m). Im Zentrum von Worochta nehmen wir uns ein »Taxi« – ein alter, privater Opel – und lassen uns zum Ausgangspunkt der Wanderung bringen.

Die Autofahrt mutet abenteuerlich an: Die Abgase gelangen ob des antiken Gefährts direkt ins Auto, die Straßenverhältnisse lassen uns regelmäßige Schlingerkurse machen, und aufgrund der gemachten Höhenmeter gelingt es dem Motor zu überhitzen, was sich an der deutlichen Qualmbildung messen lässt... Zweimal müssen wir deshalb eine »Zwangspause« einlegen, die wir jedoch dazu nutzen, das sonnige Wetter und die schöne, grüne Natur zu genießen.

Anfahrt zum Howerla.

Gewohnter Anblick: Bei der Anfahrt gönnt sich unser »Taxi« die ein oder andere Verschnaufpause.

Als wir uns schon unsicher werden, ob wir überhaupt noch ankommen, sehen wir plötzlich den Gipfel des Howerla vor uns. Zudem kommen uns jetzt auch zahlreiche Autos entgegen, die die bereits erfolgreichen Wanderer zu ihren Herbergen zurückbringen.

Die Qual der Routenwahl

Beim Bergsport-Resort Zarosliak (1330m) – wo mehrere Holzhäuser stehen, in denen lokale Spezialitäten und Souvenirs verkauft werden – beginnen wir unsere Wanderung. Erst einmal geht es in den Wald hinein. Hier zeigen uns Schilder den Weg und eine Karte die verschiedenen Aufstiegsmöglichkeiten. Wir entscheiden uns für den schnellen, direkten Aufstieg über den Ostgrat und den gemächlich entspannten Abstieg über den Nordostgrat. Da es mittlerweile Mittag ist, sind wir froh, der Mittagssonne zu entgehen.

Bildergalerie: Howerla

Ein abwechslungsreicher Auftakt

Zunächst geht es immer geradeaus am hell rauschenden Pruth entlang, an dem auch andere Freizeitvergnügen, wie zum Beispiel ein Klettergarten und Spielplätze, angeboten werden. Schließlich führt der Weg linkerhand über den kleinen Bach tiefer in den Wald hinein, und es geht über Stock und Stein sowie einige Wurzeln nach oben.

Wald am Howerla.

Zu Beginn finden wir im kühlen Wald noch Schutz vor der Mittagshitze.

Nach circa 30 Minuten verlassen wir den Wald und können einen ersten Blick auf die Vorebene des Howerla (2061m) werfen, welche leider mit Menschen übersät ist...

Der Pfad führt jetzt geradeaus nach oben, an ausgewaschenen Wanderwegen entlang. Zudem werden die Tannenbäume von Latschen und Blumen abgelöst, was eine schöne Aussicht auf die Karpaten ermöglicht. Hier suchen wir uns eine freie Fläche, legen uns ins grüne Gras, und genießen das herrliche Bergwetter.

Das trügerische Vorplateau

Nach einer weiteren Stunde steilen Aufstiegs sind die Latschen überwunden und man denkt bereits, man hat den Gipfel erreicht. Weit gefehlt! Es handelt sich lediglich um ein Vorplateau, auf dem eine ukrainische Fahne und ein Steinmännchen stehen. Der Gipfel erhebt sich jedoch gleich dahinter. Ein sehr grasiger Aufstieg wartet...

Das Vorplateau am Howerla.

Vom Vorplateau haben wir den letzten Aufschwung zum Gipfel bereits im Blick.

Da meine Begleiterinnen etwas langsamer sind, genieße ich die hervorragende Aussicht über die Gipfel und Wälder der Karpaten und komme mit den zurückkommenden Wanderern ins Gespräch, die sich sehr interessiert zeigen, dass ein Deutscher den Howerla (2061m) besteigt. Ebenso führen sie – wie fast immer – ihre Deutschkenntnisse vor und wollen gemeinsame Fotos machen. Nach diesen positiven Erfahrungen setze ich gemeinsam mit meinen mittlerweile nachgerückten Begleiterinnen zum letzten Gefecht an.

»Hallo«, »Auf Wiedersehen«, und »Schön Sie zu treffen«:

Deutsch ist nach dem Englischen die am häufigsten gelernte Fremdsprache in der Ukraine. Tatsächlich scheinen die meisten Ukrainer ein Faible für Deutschland zu haben.

Ein farbenfroher Gipfel

Howerla
AliasHoverla | Говерла
LandUkraine
GebirgeKarpaten
KammTschornohora
Höhe2061 m
Koordinaten48°09′37″N, 24°30′01″E

Nach einer halben Stunde ist es dann soweit: Der flache und geräumige Gipfel des Howerla (2061m) »liegt uns zu Füßen«! Neben dem Gipfelkreuz im gewohnten Stil existieren auch sehr viele mit ukrainischen Nationalfarben versehene Gedenksteine sowie Gedenktafeln, die unter anderem an die Annexion der Krim erinnern.

Der Gipfel des Howerla.

Gelb und blau: Die ukrainischen Nationalfarben schmücken den Gipfel des Howerla.

Zudem kann man sich Kaffee und kleine Snacks an der »Gipfelbar« besorgen – es handelt sich dabei um zwei Männer, die auf Steinen diverse Waren anbieten. Dies lässt uns das Herz tatsächlich noch höher schlagen, und wir greifen beherzt zu.

Es zeigt sich, dass wir mit unserem späten Aufstieg alles richtig gemacht haben. Mittlerweile sind wir praktisch allein am Gipfel – mit Ausnahme der beiden »Hüttenwirte«, eines Hundes sowie einzelnen umherirrenden Wanderern – und so können wir das Bergpanorama vollends genießen. Ebenso zeigt sich die Sonne nochmal von ihrer besten Seite, was dem Gipfelerlebnis ein besonderes Ambiente verleiht.

Blick über die Karpaten vom Howerla.

Das traumhafte Karpaten-Panorama lädt zu einer langen Gipfelpause ein.

Abstieg über den Nordostgrat

Nachdem wir uns ausreichend sattgesehen haben, beginnen wir den Abstieg über den Nordostgrat. Der Hund hat sich mittlerweile mit uns angefreundet und begleitet uns noch für den ersten Teil des Abstiegs. Zunächst geht es über idyllische Graslandschaften bergab, wobei unser Blick weit bis hinüber in die slowakischen und polnischen Karpaten schweift. Danach beginnen die Latschenbäume und die ausgeschwemmten Wanderwege. Schließlich werden wir wieder vom Wald verschluckt.

Abstieg vom Howerla.

Über schöne Bergwiesen steigen wir wieder hinab nach Zarosliak.

Abschied vom Howerla

Als es bereits dunkel wird, kommen wir am Ausgangspunkt an, wo uns unser zuverlässiges »Taxi« bereits erwartet. Da es nur noch bergab geht, hält nun sogar der Motor durch und bringt uns sicher zurück zu unserer gemütlichen Unterkunft, wo wir den erfolgreichen Tag bei einem hervorragenden Abendessen ausklingen lassen.

StationenDistanzDifferenzZeit
Zarosliak
→ Howerla ✝ +3,2 km731 m ↑ 0 m ↓+2h 30m
→ Zarosliak +3,8 km 0 m ↑731 m ↓+2h 30m
Gesamt 7,0 km 731 m ↑731 m ↓5h 00m